Twixt
Wenn Regie-Altmeister Francis Ford Coppola („Der Pate“, „Apocalypse Now“…) nach fünf Jahrzehnten des Filmemachens mit seinen 73 Jahren plötzlich beschließt, das Genre noch einmal zu wechseln und ein gotisch-romantisches Schauermärchen inklusive 3D Elementen zu drehen, dann darf man mit gutem Recht neugierig sein…
Die Idee zu „Twixt“ hätte ihn heimgesucht, erklärt Coppola im Directors Statement auf der Homepage zum Film, als er vor einiger Zeit in Istanbul einen spätnächtlichen, Raki verschuldeten Rauschtraum durchlebte. In Anbetracht des filmischen Ergebnisses lassen sich diesbezüglich drei Dinge feststellen: Erstens: Raki tut nicht gut. Zweitens: Der Mann muss selbst unter Alkoholeinfluss entsetzlich langweilige Träume haben. Drittens: Das ist auch keine Ausrede.
Im Film reist der Schriftsteller Baltimore – gespielt von einem aufgeblähten Val Kilmer – in ein amerikanisches Kaff, um für seinen aktuellen Schundroman zu werben. Zwar hat hier keiner – mit Ausnahme des alten Sheriffs – Interesse an dem Stephen King für Arme, doch entpuppt sich der kleine Ort mit seiner schaurigen Verbrechens-Historie geradezu als Schlaraffenland für inspirationslose Autoren. Schon bald befindet sich Baltimore in einer Geschichte rund um ermordete Waisenkinder, spukende Uhrtürme, zahlreiche Geister und obendrein noch eine Horde von vampirischen Goths. Nun braucht er das Ganze nur noch niederzuschreiben – wobei ihm der von den Toten wiederauferstandene Sir Edgar Allen Poe höchstpersönlich mit Rat und Tat zur Seite steht…
Zwar ist es durchaus charmant, dass sich der große Filmemacher in seinen späten Jahren noch einmal geradezu nostalgisch zu seinen Wurzeln zurückbewegt, denn Coppolas Karriere begann einst – unter den Fittichen Roger Cormans – im Horrorgenre. Doch will man einen altmodischen Horrorfilm machen mit einer Geschichte, die in ihrem Grundgerüst schon längst zu Tode erzählt wurde, dann kann man dies heutzutage noch auf zwei Arten in Angriff nehmen – entweder mit andächtiger Ernsthaftigkeit und visueller Überzeugungskunst oder aber mit einer gehörigen Portion Selbstironie. Der an und für sich mehr als erfahrene Coppola versucht sich in „Twixt“ hingegen an beiden Ansätzen gleichzeitig – und scheitert nahezu auf ganzer Linie.
Wenn auch das selbstreflexive Zusatz-Element des mit sich hadernden Schriftstellers für einige amüsante Szenen sorgt, so langweilt die Geister-Geschichte um ihn herum durch Altbekanntes, wirkt mit fortschreitender Handlung konfus und an den Haaren herbeigezogen. Abgesehen davon schockiert Twixt jedoch am allermeisten mit seinen zahlreich in den Film geklatschten digitalen Effekten, die zwar für eine wahrhaft spleenige Atmosphäre sorgen, großteils jedoch so plakativ billig erscheinen, dass sich unweigerlich die Frage stellt, ob der geehrte Herr Coppola denn auch noch die gesamte Produktionszeit in einem Raki-Traumrausch durchflog. Nur so lassen sich bestenfalls auch die vollkommen nutzlosen 3D-Sequenzen – ganze zwei Stück während des Films – irgendwie rechtfertigen.
„Twixt“ hätte in seiner ganzen Kuriosität sicherlich das Potential gehabt, eine charmante kleine Parodie auf das Genre sowie auf den Einsatz moderner Techniken zu werden. Und vor allem ein ironischer Umgang mit 3D-Elementen hätte hier großartig gefruchtet. Doch auch dieses Potential verspielt Coppola. So wird man nach dem abrupten Ende seines ernüchternden Horrormärchens leider nur von einem Gedanken heimgesucht: Das kann doch nicht sein Ernst gewesen sein???
Regie und Drehbuch: Francis Ford Coppola, Darsteller: Val Kilmer, Bruce Dern, Elle Fanning, Ben Chaplin, Tom Waits, Laufzeit: 90 Minuten, gezeigt im Rahmen des /slash Filmfestivals 2012