Der Lorax 3D
Orange, kleingewachsen, haarig, gebieterisch und grummelig, im Grunde jedoch recht liebenswert – das ist der Lorax, der Wächter des Waldes und Behüter der Bäume, so wie ihn der weltweit gefeierte Kinderbuch-Autor und Cartoon-Zeichner Theodor Geisel alias Dr. Seuss – wohl am ehesten bekannt für seine Erfindung des weihnachtshassenden Grinch – Anfang der Siebziger Jahre auf dem Papier ins Leben gerufen hat.
Es war nur eine Frage der Zeit, bis auch diese kleine drollige Kreatur im Schlund eines großen Studios versinken und als dreidimensionales CGI-Animations-Produkt auf der Kinoleinwand wieder auftauchen würde. Zu verdanken ist dies nun konkret den Machern von „Despicable Me“ und „Horton hears a Who!“, wobei es sich bei letzterem Film ebenfalls um eine Dr. Seuss Adaption handelte.
Der junge Ted lebt in Thneedville, einer Stadt, die keine Wünsche offen lässt. Selbst die Bäume gibt es hier mit Fernbedienung und Disco-Modus. Unter den Fittichen des schurkischen Großindustriellen O’Hare gedeiht die von hohen Mauern umzingelte natur-entleerte Konsumenten-Oase geradezu perfekt. Wer braucht schon echtes Grünzeug, wenn er die gute Luft in Flaschen kaufen kann, die in den Fabriken gleich nebenan massenweise produziert werden? Erst als Ted sich auf der Suche nach einem richtigen Baum hinter die Mauern der Stadt begibt, entdeckt er das Ausmaß des Grauens: Karges, trauriges Brachland, soweit das Auge reicht. Inmitten der Ödnis trifft er auf das abgeschottete Haus des Once-lers, der ihm etwas widerwillig vom Verschwinden der Bäume zu erzählen beginnt.
Als junger ambitionierter Möchtegern-Erfinder marschierte der Once-ler einst in die flauschig-bunte Welt des Truffula-Tales ein, um ein revolutionäres Produkt mit millionenfachen Verwendungszwecken zu kreieren. Inmitten graziöser Lollipop-Bäume mit zuckerwatte-artigen Kronen und belagert von Marshmallow-süchtigen Teddy-Bären und singenden Fischen traf er jedoch auf den Wächter des Waldes, der ihn davor warnte, sich an seinen Bäumen zu vergreifen. „Der Lorax“, den Dr. Seuss von seinen eigenen Büchern am liebsten mochte und der seinen festen Platz in der „Educator’s All Time Top 20 List of Children’s Books“ eingenommen hat, erzählt eine simple Geschichte mit schlagkräftiger Moral, die wohl trotz ihrer radikalen Aufdringlichkeit – oder vielleicht gerade deshalb – weder Jung noch Alt kalt lassen sollte.
Es ist – und damit war Seuss Anfang der Siebziger seiner Zeit voraus – eine Ode an die Nachhaltigkeit und den Umweltschutz, aber auch eine Warnung vor Erfolgsgier und Konsumwahn. Am Ende bleibt die Hoffnung, dass jeder Einzelne von uns im Kampf gegen die Zerstörung unseres Lebensraumes eine tragende Rolle spielen kann. Doch leider, der monströse erhobene Zeigefinger, der im Kinderbuch als lehrreiche Moral vielleicht noch gefruchtet hat, wird auf der großen Leinwand zu sehr überladen mit unerträglichen Musical-Einlagen, uninspirierten Figuren-Animationen, einer erschlagenden Wucht an kindergerechter Niedlichkeit, eher ermüdendem Humor und schlichtweg einschläferndem Handlungsverlauf.
Zwar hat man versucht, den originalen Zeichnungen des Dr. Seuss treu zu bleiben, doch hätten die animierte Welt, die im Ansatz durchaus an die phantastische Ästhetik eines Tim Burton erinnert, sowie ebenso der Inhalt einiges mehr an Raffinesse und Düsternis benötigt, um auch für nicht mehr ganz so kleine Kinobesucher reizvoll zu bleiben. Und vor allem das Happy End, beziehungsweise die Art und Weise, wie sich die bitteren Konsequenzen des rücksichtslosen menschlichen Handelns letztlich doch im Handumdrehen wieder gut machen lassen, wirkt in heutiger Zeit eher beschämend naiv als optimistisch. Alles in allem bleibt „Der Lorax“ auch als Adaption auf der Leinwand – im Gegensatz zu vielen anderen Animationsfilmen der letzten Jahre – ein klarer Kinderfilm, der zwar eine schöne Botschaft vermittelt, ältere Zuschauer jedoch keinesfalls überzeugen wird. Da hilft es auch nichts, dass Danny DeVito seine Rolle des Lorax nicht nur im englischen Original, sondern auch gleich in deutscher, spanischer, italienischer und russischer Version eingesprochen hat.
Regie: Chris Renaud, Drehbuch: Ken Daurio & Cinco Paul, nach dem Kinderbuch von Dr.Seuss, Sprecher: Danny DeVito, Zac Efron, Ed Helms, Taylor Swift, Betty White, Filmlänge: 86 Minuten, Kinostart: 20. 07. 2012