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Joss Stone – LP1

2
Pop

Man weiß nicht genau was ist, das eine 24jährige so klingen lässt, als hätte sie ein Leben hinter sich, geprägt von signifikanten Höhen und Tiefen, Freud und Leid, Whiskey und Zigaretten. Eine lukrativ erscheinende Geschäftsidee womöglich. Auch die 2000er Jahre brauchen eine Janis Joplin; Souldiva und Rockröhre, die Stimme als stärkste Waffe gegen seichte Popsternchen, die sich  wie eine Epidemie in der internationalen Musikszene ausbreiten. Eine Idee, die hätte aufgehen können, wenn das Universum nicht eine bessere gehabt hätte und diese Rolle Amy Winehouse zugewiesen hätte. Geschichten, die das Leben schreibt, sind wohl doch noch glaubwürdiger als die eines Plattenlabels, dass die große Kohle wittert. Im Sommer 2011 ist Winehouses Geschichte fertig geschrieben, fast zeitgleich bringt Stone ihr fünftes Album mit dem Namen LP1 (erschienen auf ihrem eigenen Label) auf den Markt. Respektable für ihr Alter, Ehrgeiz und Hartnäckigkeit muss man ihr lassen. Auch ihre gute Stimme kann man kaum leugnen. Was sie allerdings damit macht, ist ein anderes Kapitel.

Es muss ein schwerer Kampf sein, den man als junge Solokünstlerin im Musikbusiness täglich zu kämpfen hat. Ob das allerdings solch ein leidendes Geschrei wie auf LP1 rechtfertigt ist fraglich. Mindestens genauso fraglich, wie das angestrebte Ziel der Engländerin. Sollte dies nämlich immer noch „Soul-Blues-Wunderkind des Jahrzehnts“ sein, wurde es meilenweit verfehlt. Erinnert sich noch jemand an die Band Hanson? Drei junge Burschen aus Oklahoma, die zuckersüß und unschuldig Mitte der 90er unzählige Mädchenherzen mit Songs wie MMMBop zum schmelzen brachten? Hätte damals jemand die Idee gehabt, Popstar Anastacia für Hanson „I am a strong and independent woman and I won’t cry a tear for you“ – Songs schreiben zu lassen – LP1 wäre 10 Jahre früher erschienen.

Zu viel Geschrei, Gequetsche, Oh Baby no no no. Man wünscht sich fast Joss Stone hätte sich irgendwo in die Reihe der seichten Popsternchen eingegliedert, dann müsste man sich jetzt nicht so mit der Authentizitäts-Frage quälen, wie es Stone mit ihrer Stimme durch jeden einzelnen Song zu tun scheint. Es klingt fast so, als würde sie gegen ihre Stimme arbeiten anstatt mit ihr.

Glaubhaft ist jedenfalls relativ wenig von der Interpretation der zehn Titel auf LP1. Denkt man hie und da eine ganz gute Nummer erwischt zu haben, wird dieser Eindruck sehr schnell und lautstark zunichte gemacht. Von Gefühl keine Spur. Schade drum, Joss Stone könnte wahrscheinlich wirklich gut sein, ließe sie ihre Stimme die Geschichte erzählen.