Sanctum
Das Prädikat „James Cameron“ auf dem Filmplakat vorzufinden könnte so manchen Kinogänger schnell dazu verleiten, das betreffende Werk mit den Qualitäten des Erfolgsregisseurs in Verbindung zu setzen. Eine aufwändige und entsprechend eindrucksvolle Produktion, (technisch) brillant und vor allem optisch überwältigend in Szene gesetzt sind meist die ersten Assoziationen – dennoch ist beim Actionthriller Sanctum sonst kaum positives auszumachen.
Es ist kaum verwunderlich, das Kenner von Neil Marshalls The Descent bei der Sichtung des Trailers oder beim Lesen des Handlungsabrisses von Sanctum verwundert mit den Augen rollen, den die Ähnlichkeiten könnten kaum größer sein: Ein Gruppe Extremsportler kämpft in einem (naturgemäß) dunklen Höhlenkomplex nach einem unvorhergesehenen Einschluss ums nackte Überleben. Doch anders als Marshall versieht Regisseur Alister Grierson die Story nicht mit bizarren Unwesen der Marke „Gollum“ (aus Herr der Ringe), um einen klassischen, aber effektiven Horrorthriller zu schaffen, sondern orientiert sich mehr oder minder an den realen Erlebnissen von Co-Autor Andrew Wight.
Man kann nur inständig hoffen, das Wight bei seiner Unterwasser-Höhlen-Expedition nicht tatsächlich auch mit ähnlichen Charakteren wie in Sanctum eingeschlossen war, den ein solches Horrorszenario mag man niemanden wünschen. Vom ruppig-erfahrenen, bodenständig-abgebrühten Expeditionsleiter (Richard Roxburgh als einziger Lichtblick) über den reichen, anfangs noch abgeklärten Sunnyboy-Finanzier (Ioan Gruffudd) samt leicht beschränkter Model-Freundin bis hin zu schlicht benannten Nebenrollen wie „Crazy George“ werden sämtliche Klischee-Register gezogen, die das Genre beherbergen. Auch ein zentraler Konflikt zwischen aufmüpfigen Sohn (Rhys Wakefield) und emotional gehemmten Vater bleibt dem Zuseher dabei nicht erspart. Diesem einfallslosen Copy-und-Paste Figuren-Sammelsurium gegenüber stehen allerdings die spektakulären Aufnahmen des fiktiven „Esa’ala“ Höhlensystems in Papua New Guinea (gedreht wurde u.a. in den australischen „Naracoorte Caves„), die durch die Cameron’sche 3-D Aufnahmetechnik sicher noch zusätzlichen Anreiz für einen Sichtung liefern.
Überraschen kann angesichts mäßiger Dialoge und lachhaften Charaktere letztlich zumindest noch das vergleichsweise raffinierte sowie involvierende Ende, wenngleich auch eine müßige Actionsequenz inmitten des steten Spannungsaufbaues kaum deplatzierter sein könnte. Sanctum präsentiert sich als nahezu prototypischer Post-Avatar 3-D Film: Eine kaum nennenswerte Handlung, belanglose Charaktere und B-Movie-Dialogpassagen, die dafür mit hübschen, technisch zeitgemäß in Szene gesetzten Aufnahmen kaschiert wurden. Ob das Bildmaterial bzw. Production Design allein den (erhöhten) Preis einer Kinokarte rechtfertigt, hängt natürlich von der jeweiligen Neigung des Zusehers ab.
Regie: Alister Grierson, Drehbuch: John Garvin, Andrew Wight, Darsteller: Richard Roxburgh, Rhys Wakefield, Ioan Gruffudd, Alice Parkinson, Dan Wyllie, Laufzeit: 108 Minuten, Filmstart: 22.04.2011