Die Gstettensaga: The Rise of Echsenfriedl
Selten hört man einen ganzen Kinosaal voll Menschen so herzhaft lachen. Ein brillantes Werk das den Begriff „Horror“ ganz anders definiert und dem Zuschauer den Wahnsinn des post-apokalyptischen Lebens in Österreich vor Augen führt.
Im 21. Jahrhundert entbrannte ein Konflikt zwischen den zwei verbliebenen Großmächten China und Google, der eine weltweite Kettenreaktion auslöste und beinahe die gesamte Zivilisation auslöschte. Nach dem „google war“ treffen in der Alpenrepublik der karrieregeile Journalist Fratt Aigner (Lukas Tagwerker) und die Do-it-Yourself Technikerin Alalia Grundschober (Sophia Grabner) im Wartezimmer des letzten Medienmoguls Thurnher von Pjölk (Martin Auer) aufeinander. Dieser gibt ihnen den Auftrag ein Liveinterview mit dem sagenumwobenen Echsenfriedl zu führen. So kommt es, dass die beiden sich von der Megacity Schwechat über die Gstettn nach Niederpröll aufmachen um nach Echsenfriedl zu suchen. Auf ihrer Reise sehen sie sich mit Horrorgestalten konfrontiert, denen sie sich fest entschlossen entgegenstellen.
Die Gstettensaga: The Rise of Echsenfriedl ist eine sinnhaft anmutende non-Sense Produktion mit vielen unübersehbaren Gags zu den niederpröllianischen Institutionen wie Reika, Bauernbund und Post und auch die Medienindustrie bekommt ihr Fett weg. Eingeführt wird der Zuseher übrigens von der sehr seriösen Stimme des Erzählers Stuart Freeman, der die Vorgeschichte zum Abenteuer schildert, die man durchaus zu einem Prequel ausbauen könnte. Alles in allem verlässt sich die Echsenfriedl-Saga ganz auf das Wirken der Inkongruenztheorie, die Witz dort vermutet, wo zwei bekannte Dinge zusammengefügt werden, die nicht zusammenpassen. Genau in diesem Nichtzusammenpassen entpuppt sich der etwas andere Horror.
Schon im Vorspann zeigt sich das Paradoxe, wenn Kaffeeheferl zusammen mit einem Teller voll Oktopus-Tentakeln im Bild erscheinen. Gespielt wird in aberwitzigen Kostümen, die keine Bad-Taste Party zu toppen weiß. Gleichsam witzig spielen die Darsteller in leidenschaftlich neurotischer Weise ihre überzogenen Rollen hervorragend. Untermalt wird das Ganze von hochintellektuell anmutenden Dialogen, die dann doch im Stumpfsinn verlaufen und unvergesslich grässlich bleibt die Musical-Einlage an einer Stelle, an der sie der Kinogeher nicht vermutet. Abgesehen davon triumphiert der Film mit seinen vielen Sprachen, wobei die einzige Sprache die man ohne Untertitel einwandfrei versteht Deutsch ist.
Negativ zu tragen kommt, dass die 72 Filmminuten doch sehr lange anmuten und man sich selbst nie vollkommen im Film vertieft findet. Die Drehorte präsentieren hervorragend die unzivilisierte Einöde einer post-apokalyptischen Welt. Sie zeigen den Zuseher jedoch Orte, die manchen bereits bekannt sind. So wurde zum Beispiel auf der Burg Kreuzenstein in Leobendorf gedreht, die schon im einen oder anderen Hollywood-Blockbuster zu sehen war. Auch erkennt man das Symposium Lindabrunn oder die Ebswien Hauptkläranlage. Auffallend ist, dass die lange Zeitspanne des Wanderns durch die Einöde, mit Bildern die die Umwelt aus der Perspektive der Hauptcharaktere zeigen, überbrückt wird. Ebenso arbeitet man mit weiterlaufenden, leiser werdenden Dialogen die noch einige Zeit nach der Verdunkelung des Bildes zu hören sind.
Die Gstettensaga: The Rise of Echsenfriedl wurde ursprünglich im Rahmenprogramm „Artists in residence“ im ORF III uraufgeführt. Laut eigenen Angaben von Grenzfurthner erfuhr der Filmemacher ziemlich kurzfristig, dass er einen Sendeplatz im ORF für seinen zu dem Zeitpunkt noch nicht über das Stadium eines Konzepts hinausgewachsenen Film bekommen hat. Mit läppischen 5.000 Euro, die ihm dafür als Budget zur Verfügung standen, und 4 Monaten Zeit, musste das Projekt schnell realisiert werden. Mit ins Boot sprangen das Traum&Wahnsinn Medienkollektiv und die monochrom art group als Co-Produzenten.
Als Independentfilm kämpfte Die Gstettensaga: The Rise of Echsenfriedl auch mit finanziellen Schwierigkeiten, die unter anderem auch sehr kreativ gelöst wurden. Beispielsweise wurde ein Insert in den Film eingeblendet mit dem Wortlaut: “This viewing copy is provided for awards consideration only.“ Darunter stand eine kostenpflichtig Telefonnummer (1,09 Euro/min) die Zuseher des ORF III-Publikums aufgrund der angegebenen Urheberrechtsverletzung anrufen konnten. Zum Erstaunen des Filmteams riefen tatsächlich Zuseher an und somit konnten rund 350 Euro lukriert werden. Scherzhaft nennt Grenzfurthner diese Methode der Finanzierung „crowdratting“. Trotz dieses etwas fragwürdigen Verfahrens des Crowdfunding entstand ein sehr empfehlenswerter Film.
Regie: Johannes Grenzfurthner, Drehbuch: Johannes Grenzfurthner, Roland Gratzer, Darsteller: Lukas Tagwerker, Sophia Grabner, Martin Auer, Roland Gratzner, Jeff Ricketts, Filmlänge: 72 Minuten, www.monochrom.at/gstettensaga, gezeigt im Rahmen des /slash Filmfestivals 2014