Edge of Tomorrow
Tom Cruise grüßt das Murmeltier: In Edge of Tomorrow ist er in einer Zeitschleife gefangen und erlebt die gleiche Schlacht immer wieder – und immer wieder stirbt er.
Major William Cage (Tom Cruise) ist eigentlich eine Werbefigur, ein Aushängeschild der Armee um junge Leute für den Krieg gegen außerirdische Invasoren zu rekrutieren. Eines Tages wird er aber unvermittelt an die Front versetzt und muss an einer groß angelegten Gegenoffensive teilnehmen. So sehr er auch versucht sich davor zu drücken, er zieht in den Kampf und, wie sollte es auch ohne jeglicher Kampfausbildung anders sein, stirbt prompt am Schlachtfeld. Er wird von einem Außerirdischen, einem Mimik, getötet. Doch im Augenblick des Todes vermischt sich sein Blut mit dem des Mimik und Cage wacht am Vortag wieder auf. Fortan ist er dazu verdammt den gleichen Tag und die gleiche Schlacht immer wieder zu erleben. Die einzige, die ihm Glauben schenkt und versucht zu helfen ist Rita Vrataski (Emily Blunt), der früher das gleiche wiederfahren ist und seitdem als Kriegsheldin gilt. Gemeinsam versuchen sie einen Ausweg zu finden und eine Möglichkeit den Kampf zu gewinnen.
Edge of Tomorrow wirkt wie eine Mischung aus Starship Troopers und Bill Murrays Komödienklassiker Und täglich grüßt das Murmeltier. Dadurch war die Gefahr groß, dass der Film schnell zu einem generischen Abklatsch verkommt, der bekannte Versatzstücke vermengt und aufwärmt. Es überrascht daher recht bald, dass es der Romanverfilmung von All You Need Is Kill des japanischen Autors Hiroshi Sakurazaka gelingt, eine eigenständige Stimmung und Handlungsverlauf zu etablieren. Doug Liman mischt das Schlachtengetöse, das über weite Strecken gar nicht im Zentrum steht, sondern bloß als Rahmen dient, mit einer gehörigen Menge an Ironie und absurdem Humor.
Deutlich wird zudem der Einfluss von Videospielen auf die Erzählweise des Films. Mit jedem Tod und folgendem Neubeginn des Tages erlernt Cage neue Fähigkeiten, um in der Handlung weiter zu kommen. Er lernt aus seinen Fehlern und versucht sich das Verhalten des Feindes zu merken, doch der Tod kommt oft aufgrund kleiner Missgeschick auch schon mal beim Training vor (öfter stirbt ein Protagonist wohl nur in dem Spiel Dark Souls bzw. Dark Souls II).
Ein gelungener Kunstgriff, der es Cruise einerseits erlaubt, einmal nicht schon von Anfang an den großen Helden zu spielen, sondern den ungeschickten Tölpel, der eigentlich nichts mit Kämpfen und Action am Hut hat, andererseits gerade dadurch den Zuschauer stärker an seine Figur bindet, da seine Wandlung zur Kampfmaschine durch das ständige lernen und trainieren glaubhafter gemacht wird. Cruise spielt dabei gewohnt souverän und beweist einmal mehr seinen Status als letzter legitimer Actionheld, wenngleich in Edge of Tomorrow die Action überraschend gering ausfällt.
Auch Emily Blunt überzeugt als durchtrainierte, abgebrühte Kriegsheldin. Leider bietet die Handlung und das Konstrukt des Films beiden Hauptfiguren reichlich wenig Spielraum für gravierende innere Konflikte (ein Umstand, der besonders bei den Nebenfiguren Brendan Gleeson und Bill Paxton zu tragen kommt, von beiden hätte man sich mehr Szenen gewünscht). Das Konzept der Zeitschleife dominiert alles. Dabei hätte gerade dieser Aspekt es dem Film erlaubt die Thematik nach der Bedeutung des Lebens und Todes, vor allem im Angesicht eines Krieges, tiefergreifend auf den Grund zu gehen. Diese Chance wird leider vertan und stattdessen auf einfach gestrickte Muster vertraut, um Emotionen zu generieren (der gefallene Freund, die zu rettenden Kameraden, aufkeimende Gefühle zwischen Cage und Vrataski, etc.).
Obwohl es Doug Liman gelingt Edge of Tomorrow über weite Strecken unterhaltsam und originell zu gestalten (auch die Außerirdischen sind gelungen), schleichen sich doch ein paar Längen ein. Die meistens gerade durch jene vorher erwähnten Klischees überbrückt werden. An diesen Stellen wird die überwiegend gelungene Inszenierung und einfallsreiche Geschichte schmerzlich vermisst. Natürlich mischen sich auch die ein oder anderen Logikfehler unter, die jedoch erst gegen Ende gravierend werden und die Auflösung enttäuschend Kitschig werden lässt. Gerade im letzten Drittel geht dem Film die Puste aus.
Trotzdem bleibt ein positives und überraschendes Fazit: Edge of Tomorrow ist wohl der cleverste und amüsanteste Sci-Fi Hollywood-Blockbuster der letzten Jahre. Er hätte womöglich das Potenzial gehabt noch mehr aus sich heraus zu holen, doch auch das Endprodukt kann sich sehen lassen und erhebt sich weit über ähnliche (und mit weitaus höheren anfänglichen Erwartungshaltungen versehene) Konkurrenzprodukte jüngster Vergangenheit (Elysium, Riddick, Ender’s Game, Transcendence).
Regie: Doug Liman, Drehbuch: Christopher McQuarrie, Jez Butterworth, John-Henry Butterworth, Darsteller: Tom Cruise, Emily Blunt, Brendan Gleeson, Bill Paxton, Noah Taylor, Jonas Armstrong, Filmlänge: 113 Minuten, Kinostart: 29.05.2014, www.edgeoftomorrow.de