Anatomie eines Falls

Anatomie eines Falls ist der vierte Spielfilm der französischen Regisseurin/Autorin Justine Triet. Für diesen Beitrag erhielt sie heuer die Goldene Palme in Cannes, also den Hauptpreis des Festivals. Am 3. November ist es soweit – dann startet das außergewöhnliche Krimidrama auch bei uns in den Kinos.

Erzählt wird die Geschichte der deutschen Autorin Sandra (Sandra Hüller), die zusammen mit ihrem Mann Samuel und ihrem sehbehinderten Sohn Daniel (Milo Machado Grader) abgeschieden in den französischen Alpen lebt. Als Daniel eines Nachmittags von einem Spaziergang mit Hund zum Haus zurückkehrt, findet er den Vater leblos im Schnee liegen. Er ist aus dem Fenster gestürzt. Aber ganz von alleine? In dem Haus befand sich nur Sandra, die gearbeitet hat, mit Ohrenstöpseln, und nichts mitbekommen hat. Es folgt eine genaue Analyse des Vorgangs und Sandra wird des Mordes an ihrem Mann angeklagt. In intensiven Verhandlungen versucht man der Wahrheit ans Licht zu verhelfen.

Anatomie eines Falls ist nicht nur ein schön doppeldeutiger Titel – er hält auch definitiv was er verspricht. Der Fall des Falls wird minutiös recherchiert. Danach dürfen die Zuschauer einen Prozess verfolgen, der uns fernab von Hollywood-Klischees hautnah so ein Procedere miterleben lässt. Sachverständige, Zeugenaussagen, Verhöre. Das alles ist geradezu schmerzhaft intensiv inszeniert. Und getragen von einer hervorragenden Darstellerinnen-Riege. Allen voran natürlich die großartige Sandra Hüller, die absolut glaubhaft diesen Leidensweg durchschreitet.

Anatomie eines Falls ist spannendstes europäisches Kino. Einzig die Überlänge von zweieinhalb Stunden darf man hinterfragen. Es ist klar, was uns die Filmemacherin damit vor Augen führen möchte. Wahrscheinlich hätten knappe zwei Stunden dafür allerdings ebenfalls vollkommen ausgereicht. Und dass bei dieser Länge am Schluss Fragen offen bleiben, wird sicher auch nicht allen gefallen. Dennoch: Ein brillant geschriebener, inszenierter und dargebotener Film. Und ziemlich sicher einer der Filme des Jahres.

Regie: Justine Triet, Drehbuch: Justine Triet, Arthur Harari, Darsteller: Sandra Hüller, Swann Arlaud, Milo Machado Graner, Samuel Theis, Filmlänge: 151 Minuten, Kinostart: 03.11.2023