No Sudden Move
Der Titel No Sudden Move wirkt wie ein ironischer Verweis auf das zähe Tempo der filmischen Fingerübung, die Steven Soderbergh als industriekritischen Neo-Noir ausgibt. Doch Selbstkritik war nie die Stärke des Regisseurs, noch weniger als Atmosphäre und Suspense der Zeitströmung, die er zum x-ten Mal imitiert. Stilistische Spielereien wie die Retro-Optik des Titels, stimmige Szenenbilder und akkurate Kostüme betonen letztlich die Oberflächlichkeit einer manierierten Inszenierung, die ihrer eigenen Prätention aufsitzt. Soderberghs selbstüberzeugter Pathos wirkt umso kurioser, da sein auf Komödien eingefahrener Drehbuchautor Ed Solomon offenbar bis zuletzt nicht wusste, ob die unnötig verkomplizierten Ereignisse witzig, aufwühlend oder tragisch sein sollen.
So überzeugt die in die 50er Jahre verfrachtete Jagd hochkarätig besetzter Krimi-Paradefiguren nach einem lukrativen McGuffin weder als Hommage noch als Thriller. Der ausgebrannte Handlanger Curt (Don Cheadle) und sein unfreiwilliger Komplize Ronald (Benicio Del Toro) bleiben hohle Konturen, definiert durch Garderobe und Gewohnheiten. Solche charakterisieren auch die Nebenfiguren, die an Parodien genretypischer Archetypen grenzen. Der schmierige Mittelsmann (Matt Damon), der in den geplatzten Deal gezogene Durchschnittsmann im grauen Anzug (David Harbour), seine frustrierte Gattin (Amy Seimetz). Letzte ist eine sexistische Karikatur, wie so viele Protagonistinnen Soderberghs, dessen realer Chauvinismus weit bezeichnender ist als seine instrumentalisierte Pseudo-Systemkritik.
Regie: Steven Soderbergh, Drehbuch: Ed Solomon, Darsteller: Noah Jupe, Matt Damon, Brendan Fraser, David Harbour, Jon Hamm, Benicio del Toro, Ray Liotta, Don Cheadle, Kieran Culkin, Amy Seimetz, Filmlänge: 116 Minuten, Kinostart: 24.06.2021