Festa-Special-Reihe-(c)-2020-Festa-Verlag(4)

Ladies‘ Night

Ein LKW verunglückt, der die Aufschrift LADIES, INC. trägt. Ein Duft von Kirsche liegt in der Luft. Es handelt sich scheinbar um eine super toxische Chemikalie – die verheerende Auswirkungen auf die Damenwelt mit sich bringt. Auch Tom muss das lernen. Der verlässt nach einem Streit mit seiner Frau Susan die gemeinsame Wohnung. Den notorischen Fremdgeher zieht es in seine Lieblingsbar. Dort herrscht eine seltsam sexuell aufgeladene Stimmung, die sich sehr bald entlädt. Denn sämtliche Frauen aus der Umgebung drehen plötzlich völlig durch. Sie verwandeln sich in sexgeile, mordende Bestien, die alles Männliche in ihrer Umgebung vernichten – und wenn‘s das eigene Kind ist. Tom gelingt es mit ein paar Spezis dem Angriff der Frauen aus der Bar zu entkommen. Nun kennt er nur noch ein Ziel: Zurück nach Hause! Denn dort hat er seinen Sohn Andy der Obhut seiner Frau überlassen …

Ladies‘ Night ist der eigentlich zweite Roman, den Jack Ketchum nach seinem Debüt Beutezeit (Off Season) schrieb. Veröffentlicht wurde die Geschichte allerdings erst viel später, da sich dereinst niemand diesem überhöht-brutalen, trashigen Roman annehmen wollte. Erst gegen Ende der 90er Jahre, als Ketchums Bekanntheitsgrad in den USA ein gewisses Level erreicht hatte, wurde die Story – von Ketchum selbst stark überarbeitet und eingekürzt – doch noch veröffentlicht. Im Vorwort zu Ladies‘ Night schreibt Ketchum ausführlich über diese Geschichte. Es war ihm bei den Kürzungen wichtig, dass er gerade die trashigen Passagen unberührt belässt und die Story gleichzeitig aber von allem unnötigen Ballast befreit. So wurden aus 400 schließlich 180 Seiten (US-Ausgabe). Nun folgt die erste deutschsprachige Übersetzung vom Festa Verlag.

Irgendetwas ging hier vor sich und Sex war nur ein Teil davon. Vielleicht sogar der kleinste. Denn was hier passierte, war kalt, androgyn, ganz und gar sexlos. Weniger Sex ging gar nicht. Wie der Tod.

 

Man muss sagen: Nun, dies ist wahrlich nicht Jack Ketchums Meisterwerk. Weit entfernt von dem subtilen Grauen späterer Arbeiten, wirkt dieser Roman eher wie ein Werk aus dem Schaffen seines Kollegen und Freundes Richard Laymon. Große Ähnlichkeiten in der Story lassen zum Beispiel an Laymons Roman Der Regen (One rainy Night) denken. Das heißt, wir haben es mit einem actiongeladenen und ziemlich brutalen Survival-Thriller zu tun. Die Geschichte weckt darüber hinaus, mit voller Absicht (siehe Vorwort), ebenfalls Assoziationen zu Horrorfilmen wie Night of the living Dead oder Shivers. Wer Romane gerne schnell, hart und dreckig mag, darf hier beherzt zugreifen. Ladies‘ Night ist rasant und flüssig geschrieben. Wer hingegen mehr Wert auf psychologischen Horror und raffiniertere Geschichten legt, dem seien andere Romane von Ketchum wie Evil oder auch die beiden anderen kürzlich bei Festa erschienenen Werke Ich bin nicht Sam und Psychotic empfohlen. Jack Ketchum hat es jedoch selbst in seinem Vorwort am besten zusammengefasst:

In den letzten Jahren habe ich versucht, mir etwas mehr Subtilität anzugewöhnen, nuancierte Charaktere zu entwickeln und feinere Sprache zu verwenden, ein paar Besonderheiten hier und da einzusetzen. Dieses Buch jedoch hat die Subtilität einer Nutte, die am Eingang zum Lincoln-Tunnel billige Blowjobs anbietet, und ich finde, das ist richtig so.

In diesem Sinne: die richtige Einstellung ist vorgegeben. Mit dieser Erwartungshaltung liest sich Ladies‘ Night am besten und sorgt für heftige Unterhaltung. Wohl bekomms!

Ladies‘ Night von Jack Ketchum, 320 Seiten, erschienen im Festa Verlag.