Chinatown
Es gibt Filme, da passt einfach alles perfekt zusammen. Chinatown von Roman Polanski ist so ein Fall – und gilt nach wie vor als großer Maßstab des Neo-Noir Genres.
Der Privatdetektiv J.J. Gittes (Jack Nicholson) wird von einer Evelyn Mulwray beauftragt deren vermeintlich untreuen Ehemann zu beschatten. Nicht lange und Gittes und seine Kollegen fotografieren den Gatten mit einer jungen Frau im Garten. Die Sache macht Schlagzeilen in dem von einer anhaltenden Dürre geplagten Los Angeles. Doch dann taucht die echte Evelyn Mulwray (Faye Dunaway) bei Gittes im Büro auf. Dies weckt sowohl die Neugier als auch den Stolz des erfahrenen Spürhundes und er ermittelt weiter. Dabei kommt er weitaus größeren Verstrickungen auf die Schliche und er legt sich mit einem mächtigen, einflussreichen Gegner an.
Über das brillante Drehbuch von Robert Towne ist eigentlich bereits alles gesagt worden. Jeder, der sich nur halbwegs mit Film und Dramaturgie beschäftigt, hat davon gehört und es vielleicht sogar gelesen. Es ist ein wahres Lehrstück in Sachen visuellem Geschichtenerzählen und Figurenzeichnung. Roman Polanski hat auch danach noch einige fantastische Filme gemacht, aber Chinatown zählt wohl zu einer seiner besten Arbeiten. Jack Nicholson, Faye Dunaway und John Huston als zwielichtiger Noah Cross geben allesamt schauspielerische Meisterleistungen ab, die so natürlich wirken, das man keine Sekunde lang das Gefühl hat, Darsteller vor sich zu haben. Insbesondere bei Jack Nicholson ist es erstaunlich, wie gut er hier spielt. Erstaunlich, weil er eine ganze Filmographie voller großartiger Leistungen aufzuweisen hat und Chinatown dennoch hervor sticht. Bei ihm kann man sich nur schwer auf eine einzige herausragende Performance festlegen.
Abseits davon ist Chinatown ein ungemein atmosphärischer Film. Man spürt förmlich das ausgetrocknete Los Angeles der 30er Jahre, schmeckt den Schweiß und riecht die stickige Luft, die sich unheilvoll über die Figuren legt, je mehr sich die Handlung verdichtet. Gleichzeitig hat der Film eine stark realistische, glaubwürdige Stimmung. Alles was passiert, hat seine Berechtigung, hat Sinn, ergibt sich aus dem sich steigernden Druck unter dem die Figuren stehen, aus ihren Handlungen ziehen sich die Konsequenzen bis es in einem denkwürdigen Finale gipfelt. Es ist ein Finale, das man nicht so leicht vergisst und für die damalige Zeit einiges an Mut erfordert hat, es in dieser Form durchzusetzen. Chinatown spricht heikle Themen an. Es geht um Korruption, Gier und Machtmissbrauch, aber auch um seelischen und emotionalen Missbrauch.
Wer diesen Klassiker des Neo-Noir Thrillers bisher versäumt hat, dem sei er dringend ans Herz gelegt. Selbst nach all den Jahrzehnten, die Chinatown auf dem Buckel hat, fällt es schwer einen besseren Film dieses Genres zu finden. Die Maßstäbe, die Towne, Polanski, Nicholson, Dunaway und alle anderen Beteiligten damals gesetzt haben, wurden heute noch nicht übertroffen. Einer der wirklich zeitlosen Klassiker, den man sich wieder und wieder anschauen kann.
Regie: Roman Polanski, Drehbuch: Robert Towne, Darsteller: Jack Nicholson, Faye Dunaway, John Huston, Perry Lopez, Diane Ladd, Burt Young, Filmlänge: 130 Minuten, DVD/Blu-Ray Release: 19.04.2012