Greta-(c)-2019-ASCOT-ELITE-Entertainment-GmbH(6)

Greta

5
Thriller

Die moralisch anständige Entscheidung einer jungen Frau führt zu einer neuen Bekanntschaft, die das Sprichwort „gleiches Unglück macht Freundschaft“ sehr treffend beschreibt. Neil Jordans neuestes Werk bekräftig, was uns Mama seit Kindesjahren predigt: Vertraue niemals einem Fremden.

Das Leben von Frances McCullen (Chloë Grace Moretz) verläuft wie nach Plan, sie lebt zusammen mit ihrer besten Freundin Erica (Maika Monroe) in New York, arbeitet in einem Restaurant als Kellnerin und genießt den Big Apple in vollen Zügen. Als sie eines Tages eine besitzerlose Handtasche in der U-Bahn findet, beschließt sie diese der rechtmäßigen Eigentümerin zurückzubringen. Diese entpuppt sich als Greta Hideg (Isabelle Huppert), eine ältere Witwe, die in Manhattan einsam ihrem Alltag trotzt. Die junge Begegnung der beiden entwickelt sich zu einer engen Freundschaft, in welcher zunehmend bizarre Eigenschaften keimen.

Neil Jordan (The Crying Game) versucht mit Greta einen spannenden und frischen Thriller auf die Leinwand zu bannen, was ihm nur vereinzelt gelingt. Größtenteils bedient sich der Film am genretypischen Pool aus Plot-Entwicklungen, Figurenkonstellationen, Spannungsbögen und Inszenierungsweisen. Vieles bereits in anderen Thrillern thematisierte und gesehene kann auch in Greta wiederentdeckt werden. Die Handlung, welche eine erschöpfte Geschichte eröffnet, wird relativ stringent erzählt, ohne viele Ausbrüche nach links oder rechts zuzulassen. Dem Drehbuch gelingt es jedoch gerade im letzten Drittel einige wenige frische und unvorhersehbare Twists zu konstruieren, die in der Erzählung wunderbar wirken.  Grundsätzlich versucht der Film in seinem Bedeutungsanspruch mehr zu sein als er in Wahrheit ist, in vielen Aspekten fehlt Greta die letzte Raffinesse, die letzte Innovativität, um ein guter Thriller zu sein.

Die beiden Hauptdarstellerinnen Chloë Grace Moretz und Isabelle Huppert liefern hier eine gute schauspielerische Leistung, wobei Frau Huppert in ihrer Rolle als einsame, ambivalente Witwe besser zur Geltung kommt. Den Figuren wird ein genügsamer Hintergrund gegeben, auf dem ihre differente Freundschaft aufbaut. Jedoch gerade im Kontext der Mutter-Kind-Beziehung, die ein zentrales Thema im Film ist, wäre noch einiges an dramaturgischem Potential vorhanden, welches leider nicht völlig ausgeschöpft wird.

Visuell ist der Film wie in all seinen Facetten gutes Mittelmaß, es lassen sich keine außergewöhnlichen Schmankerl fürs Auge finden, größtenteils wird die Geschichte in Standard-Einstellungen inszenatorisch erzählt. Musik wird in Greta oft zu klischeehaft, sowie in vielen Szenen viel zu dramatisch eingesetzt, was dem Thriller eine unglaubwürdige Note verleiht. Dadurch kommt auch nur eine schlanke Atmosphäre zustande, welche die voraussehbaren Spannungsbögen zu Blutdruck senkenden Handlungsabfolgen verkommen lassen.

Greta ist ein solider, konventioneller Thriller, dessen Stärke in der ungleichen Beziehung seiner beiden Protagonistinnen liegt, diese jedoch dramaturgisch sowie inszenatorisch nicht überzeugend auf die Leinwand bringt. Ein Film der für einen faulen, verregneten Sonntag wie gemacht ist.

Regie: Neil Jordan, Drehbuch: Ray Wright, Neil Jordan, Darsteller: Isabelle Huppert, Chloë Grace Moretz, Maika Monroe, Jane Perry, Jeff Hiller, Filmlänge: 98 Minuten, Filmstart: 17.05.2019




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