Wind River
Nach den Drehbüchern zu Sicario und Hell or High Water liefert Taylor Sheridan mit Wind River sein Regiedebüt ab und beendet gleichzeitig seine “American Frontier” Trilogie.
Das Indianerreservat Wind River zählt zu einem der größten der USA. Jährlich gibt es ungeklärte Mordfälle. Der Jäger Cory Lambert (Jeremy Renner) findet auf der Jagd nach einem Berglöwen eine erfrorene Frauenleiche. Die örtlichen Behörden sehen sich mit dem Gewaltverbrechen überfordert und die junge, unerfahrene FBI-Agentin Jane Banner (Elizabeth Olsen) wird hinzugezogen. Da sie sich weder örtlich noch mit den Gepflogenheiten des Reservatlebens auskennt, bittet sie Lambert um Hilfe ihr bei den Ermittlungen.
Sheridan lenkt mit seinem Regiedebüt das Augenmerk auf die Zustände der indigenen Völker Amerikas und die Tatsache, dass in den Reservaten viele Morde ungesühnt bleiben. Ein löbliches Unterfangen, gerade in Anbetracht der Tatsache, dass Filme wie Get Out „klassische“ Klischeerollenbilder über die filmische Behandlung von Afro-Amerikanern aufbrechen. Leider bleibt es im Fall von Wind River beim Versuch, denn überraschenderweise ist es gerade das Drehbuch, das sich in Klischees und fragwürdigen Darstellungen seiner Figuren verstrickt.
Vielleicht fehlt Sheridan hierbei die dramaturgisch eingreifende Instanz eines erfahrenen Regisseurs um die eigentlich erschreckend offensichtlichen Drehbuchmängel auszumerzen. Es ist doch sehr fragwürdig, dass in einem Film über die Zustände in einem Reservat ein weißer Amerikaner der eigentliche Held der Geschichte und die Zentrale Figur ist, ein Mann, der mehr “Indianer ist, als die Indianer selbst” und mit seinen Fähigkeiten als Jäger und seiner Naturverbundenheit jeden Ureinwohner in den Schatten stellt. Aber damit nicht genug, wird auch die einzig relevante Frauenfigur als ein bis in die Fingerspitzen inkompetenter Charakter dargestellt, der ohne die Hilfe des starken weißen Mannes den Fall nicht lösen kann, geschweige denn überhaupt überleben würde.
Wind River scheitert nicht an der Regie, die gut, wenngleich unspektakulär ist, sondern an seinem in Klischees verhafteten Drehbuch, die in der heutigen Zeit eigentlich schon als beleidigend billig bezeichnet werden können. Würde ein weißer Filmemacher ein derartiges Werk mit Afro-Amerikanern in den Rollen der amerikanischen Ureinwohnern abdrehen, würde man ihn und sein Werk wohl zurecht als rassistisch abtun, aber mit den Indianern kann man es offensichtlich ja noch machen … Wenn Wind River wenigstens spannend wäre, dann könnte man ihn als ein belangloses, wenngleich thematisch offensives Genre-Machwerk abtun, aber da die Handlung ebenso klischeehaft wie die Figuren und dadurch bis zum Schluss vorhersehbar ist, baut sich im ganzen Verlauf keine Spannung auf. Man darf nur hoffen, dass Wind River ein dramaturgischer Ausrutscher von Taylor Sheridan war.
Regie und Drehbuch: Taylor Sheridan, Darsteller: Jeremy Renner, Elizabeth Olsen, Graham Greene, Kelsey Asbille, Julia Jones, Jon Bernthal, Filmlänge: 107 Minuten, Kinostart: 09.02.2018