Sausage Party – Es geht um die Wurst
In einer Schlüsselszene in Seth Rogens animierter Lebensmittelorgie Sausage Party versucht Hauptcharakter Frank seine Supermarktmitbewohner von einer traumatischen, aber überlebenswichtigen Wahrheit zu überzeugen. Seine Worte stoßen auf taube Ohren, bis Frank dem Rat seine Freundin Brenda folgt und die Botschaft verzuckert. Das ist die Quintessenz von Seth Rogens wüster Sausage Party.
Frank (Seth Rogen) ist ein Würstchen, Brenda (Kristen Wiig) ein Hot-Dog-Brötchen und beide träumen mit ihren Produktgefährten hinter Zellophan von dem Tag, an dem sie auserwählt werden und sich vereinen können. Die Slang-Bedeutung von „wiener“ und „buns“ braucht niemand zu kennen, um den Gag mit männlichen Würstchen und weiblichen Brötchen zu kapieren. Von dieser Sorte Witze gibt es noch mehr, so viel mehr … Ein paar gehen in der Synchronfassung unweigerlich verloren, aber die Dichte visueller und semantischer Lacher ist so hoch, dass trotzdem genug übrig bleiben.
Das ist keine Ausrede, Sausage Party nicht im Original zu gucken! Schon allein wegen des Schurken, der ein echter Douche ist. Die bekannten Stimmen verleihen den liebevoll (oder besser: notgeil) gestalteten Charakteren zusätzlich eine selbstironische Note. Edward Norton ist der mit Woody-Allen-Tonfall redende jüdische Bagel Sammy, Salma Hayek die lesbische Teresa del Taco und Michael Cera ist Franks deformierter Würstchen-Kumpel Barry, der von den anderen in der Packung gedisst wird, weil er kürzer ist.
Alle predigen Enthaltsamkeit und traditionellen Lebensmittelkombis, motiviert von der Vorfreude auf das Jenseits der Supermarkttüren. Dort erwartet das arabische Fladenbrot Lavash (David Krumholtz) 77 Flaschen Olivenöl und alle anderen Glückseligkeiten bei den Göttern. Letztes sind die Kunden. Sie wählen die Wahre aus. Pech haben nur Produkte, die ihre Packung verlassen oder wegen unreiner Gedanken nicht mehr frisch sind und deshalb im Müll landen. Die Todesschreie der abgelaufenen Produkte mögen uns in den Ohren hallen, wenn wir wiedermal vorschnell Essen wegschmeißen wollen!
Der stupide Gehorsam in den totalitären Regalen wird erschüttert, als ein zurückgegebenes Glas Honigsenf (Danny McBride) die Realität draußen schildert. Die Götter sind Monster, die Essen meucheln. Das Glaubenssystem ist ein Komplott der unverderblichen Waren Firewater (Bill Hader), Mr. Grits (Craig Robinson) und Twink (Scott Underwood), um die anderen einzulullen. Ein Kochbuch, in Anlehnung an eine der besten Twilight Zone-Episoden, ist der Beweis.
Moment, versteckt sich in diesem Szenario vielleicht eine Metapher? Ja, allerdings. Die wenigsten Mainstreamfilme haben sich je so deutlich für Rationalität und Erkenntnis ausgesprochen. Damit das Publikum das schluckt, wird alles mit einer Riesenportion Sexwitze serviert. Obendrauf gibt es quasi als Garnitur ethnische Stereotype in jeder Geschmacksrichtung. Wirklich jeder, was die gezielt überzeichneten Karikaturen wieder unschuldig macht. Wenn vom Nazi-Sauerkraut über die White Trash Kartoffel bis zum schwulen Obst jeder dran ist, wird keiner diskriminiert.
Falls manche Gags einem übel aufstoßen, versöhnt die Schlussorgie: Make Love, not War. Der clevere Food Porn über Toleranz, Vernunft und Gedankenfreiheit hinterlässt trotzdem einen schalen Nachgeschmack. Dass Regisseur Greg Tiernan das Animationsteam hinter den Kulissen offenbar rücksichtslos ausbeutete, um das Budget zu drücken, zeigt, worum es im Kino und im Supermarkt wirklich geht: Gewinn machen.
Regie: Greg Tiernan, Conrad Vernon, Drehbuch: Kyle Hunter, Ariel Shaffir, Seth Rogen, Evan Goldberg, Darsteller: Kristen Wiig, Michael Cera, James Franco, Salma Hayek, Jonah Hill, Nick Kroll, Danny McBride, Edward Norton, Seth Rogen, Paul Rudd, Filmlänge: 98 Minuten, Kinostart: 07.10.2016, www.sausageparty.de