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Alice im Wunderland: Hinter den Spiegeln

3
Fantasy

Wie sich das effektstrotzende Wiedersehen mit Walt Disneys CGI-Wunderland anfühlt, beschreibt am besten die Raupe Absolem (Alan Rickman): „Hölzern wie immer und doppelt so beschränkt.“ Rickman, der Anfang des Jahres verstarb, muss das 3D-Spektakel nicht mehr mit ansehen.

Dass James Bobins gnadenlose Ausschlachtung des Kinderbuchklassikers ihm gewidmet ist, scheint kein schmeichelhaftes Memorandum. Armer Alan Rickman. Und armer, armer Lewis Carroll. Seine zauberhafte Vorlage reißen sich die Disney-Studios unter den Nagel, um damit zu tun, was sie bereits bei Die fantastische Welt von Oz gemacht haben und was Warner Bros. mit Pan getan hat: Sie plündern die Figuren und schmeißen die Story weg, um der Welt zu zeigen, dass sie eine viel bessere erzählen können.

Die beginnt auf hoher See, wo Kapitän Alice Kingsleigh (Mia Wasikowska) ihr Schiff mit dem Fingerzeig-Namen The Wonder verfolgt von Piraten durch eine Untiefe manövriert. Das Unterfangen ist die Kurzversion der konfusen Verfolgungsjagd, die sie in den kommenden 100 Minuten in die Vergangenheit des Wunderlands katapultiert, mit ein und derselben Botschaft. Alles ist möglich, wenn man nur daran glaubt, wird unermüdlich vermittelt. Das gilt nicht nur für das Wunderland, wo Alice alte Freunde wie die Weißen Königin (Anne Hathaway) und das Kaninchen (Michael Sheen) wieder trifft, sondern die viktorianische Realität. Dort lösen sich Schulden flugs in Luft auf und eine junge Frau kann mit ihrer Schiffsmannschaft nach China segeln. Auch im Wunderland hapert es mit der Logik und Kontinuität. Der Grund dafür ist nicht Magie, sondern einfach Linda Woolvertons laxes Skript, in dem Figuren und Handlung lediglich als Vorwand für computergenerierte Exzesse dienen.

In einem Steampunk-artigen Vehikel namens Chronosphäre reist die Heldin in die Vergangenheit, um die Familie des Verrückten Hutmachers (Johnny Depp) zu retten. Ihrem Freund wachsen wegen seiner tragischen Familiengeschichte nämlich buchstäblich graue Haare, mit denen Depp an den finsteren Sweeney Todd erinnert. In Alice im Wunderland bekamen die selbsterklärenden Figuren ernüchternde Vor- und Zunamen, ohne die sie besser dran waren. Das gilt noch mehr für die Vorgeschichte, die das Sequel ihnen aufzwingt.

Dass die Rote Königin (das Beste am Film: Helena Bonham Carter) ein Kindheitstrauma verarbeiten muss und der Verrückte Hutmacher mit seinem Vater (Rhys Ifans) den selben Konflikt hatte wie Alice mit ihrer Mutter (Lindsay Duncan) bringt der Geschichte das, was Carroll bewusst ausließ: eine Moral. Familie ist das Allerwichtigste in dieser Welt und allen anderen Welten, sogar wichtiger als eigene Bedürfnisse und Lebensziele. Dem verlogenen „Man kann alles, wenn man nur will“ gibt das einen zynischen Twist.

Wer etwas nicht kann, ist selbst schuld, wer sein Können gegen den Willen der Eltern nutzt, ist noch schuldiger und wer nicht akzeptiert, dass alle sie wegen einer physischen Auffälligkeit auslachen, ist eben humorlos und die Oberschurkin. Verfolgt wird Alice von Zeit höchstpersönlich (Sacha Baron Cohen), der ein fatales Eingreifen in die Geschichte verhindern will. Da Alice nie einen Zeitreisefilm geguckt hat, versteht sie das nicht. Traurige Ironie, dass die moralisierende CGI-Totgeburt um die ach so kostbare Zeit kreist und dabei reine Zeitverschwendung ist. Damit ist jetzt hoffentlich Schluss. Wie Zeit zu Alice sagt: “Bitte komm nicht wieder.

Regie: James Bobin, Drehbuch: Linda Woolverton, Darsteller: Mia Wasikowska, Johnny Depp, Helena Bonham Carter, Anne Hathaway, Sacha Baron Cohen, Filmlänge: 113 Minuten, Kinostart: 26.05.2016




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