Uncharted: The Nathan Drake Collection
Da hat jemand mitgedacht: Wer angespannt auf den Release des kommenden PS4-Blockbusters Uncharted 4: A Thief’s End (vermutlicher Release im März 2016) wartet, erhält mit der Uncharted: The Nathan Drake Collection genau die richtige Ablenkung. Es war ja sowieso nur eine Frage der Zeit, bis Sony mangels zugkräftiger Exklusivtitel im verbleibenden Jahr noch einige HD-Remakes ihrer größten Hits bzw. bestverkauften Spiele auf die ausgehungerten Gamer-Massen loslässt.
Nun ist es eben die Uncharted-Reihe, deren Indiana-Jones-meets-Han-Solo ähnlicher Protagonist namens Nathan Drake ja schon kurz nach dem Erscheinen des ersten Teils quasi den Rang des inoffiziellen Playstation-Maskottchens inne hat. Und gerade wenn man so wie in dieser aufpolierten Sammlung eine praktische Zusammenfassung der Spiele präsentiert bekommt, wird schnell klar, warum die Uncharted-Teile kaum aus dem Kanon der eindrucksvollsten Videospieltitel aller Zeiten wegzudenken sind.
Beginnend mit Uncharted: Drakes Fortune wird der Spieler in die Schuhe des schusselig anmutenden, dabei aber immer kühn agierenden Abenteurer versetzt, der auf den Spuren seines (vermeintlichen) Vorfahren, niemand geringerer als der Entdecker und erste englische Weltumsegler Sir Francis Drake, wandelt bzw. dessen Geheimnisse aufzudecken versucht. Zum damaligen PS3-Release im Jahr 2007 war der Titel ein vor allem grafischer Leckerbissen, der sich auch in der vorliegenden Sammlung noch gut zu präsentieren weiß. Das noch vergleichsweise klein angelegte Abenteuer im recht eingeschränkten Rahmen – also nur in einer Handvoll unterschiedlicher Örtlichkeiten spielend – bietet dabei den perfekten Ausgangspunkt für die Trilogie selbst: Die sich mittlerweile in vielen großen Titeln eingebürgerte Gameplay-Melange aus Klettereinlagen und Shooter-Mechanik mit Cover System wird hier gut in Szene gesetzt und macht Lust auf mehr.
Mit dem zwei Jahre später erschienen Uncharted: Among Thieves sollte genau dieses Verlangen gestillt werden: Mehr unterschiedliche und exotischere Locations, eine größere Waffenauswahl, neue und interessantere Charaktere sowie eine scheinbar nicht versiegende Quelle an spektakulären Action-Sequenzen machen den Titel auch heute noch zu einem der besten im gesamten Genre. Das liegt neben dem zügigen Pacing, das dem Spieler kaum Rast angesichts der beständig auf ihn hereinbrechenden Action bietet, auch an der (etwas durchwachsenen, aber doch) interessanten Rahmenhandlung. In Sachen Aufbau hat man sich auch hier stark an Hollywood und überdies vor allem am Vorgänger orientiert (erneut ein farbloser Widersacher, abermals ein übernatürliches Element im Spiel, wieder eine Spurensuche auf Basis einer historischen Persönlichkeit, hier halt Marco Polo), doch scheint dem Entwickler Naughty Dog die Mischung zwischen Popcorn-Action und B-Movie Plot nun perfekt gelungen zu sein.
Dies spiegelt sich auch nach einigen Spielstunden im dritten Ableger der Serie, Uncharted: Drake’s Deception wider: Der Zenit dürfte mit dem Vorgänger erreicht gewesen sein. Zwar kann auch dieser Teil in Sachen Action-Sequenzen bzw. Aufbau derselben mehr als überzeugen, die mit gravierenden Handlungslücken ausgestattete Story dürfte dann aber auch den größten Fan vor einige Fragen stellen, die sich einfach nicht gutmütig ausblenden lassen. Das Gameplay ist ident mit den Vorgängern, leidet dabei allerdings schon an einigen altersbedingten Mangelerscheinungen (Stichwort: Nahkampf), die auch schon zum Zeitpunkt des ursprünglichen Releases – 2011 – als einigermaßen abwechslungsarm zu beschreiben waren. Dennoch: Ein Spektakel sondergleichen, das man gespielt haben sollte.
Die Einöde der Rub al-Khali-Sandwüste, das undurchdringbare Dickicht des Borneo-Regenwaldes, eine geheime Nazi-U-Boot-Basis unter einem überwucherten Fort auf einer Insel im Südpazifik oder ein abgelegenes Dorf inmitten des Himalaya-Hochgebirges: Großartig konzipierte, abwechslungsreiche und vor allem optisch brillant umgesetzte Schauplätze für die vielfältigen Schusswechsel machen die Uncharted-Reihe zum Action-Adventure, an dem sich die Konkurrenz messen lassen muss. Dank diverser Optimierungen für die PS4 (u.a. Beleuchtung, Rendering, Texture-Mapping, 1080p bei 60 Bilder pro Sekunde, vereinheitlichte Steuerung über alle drei Spiele hinweg) sieht die Kollektion auch jetzt noch mehr als beeindruckend aus und lädt geradezu ein, die drei Teile auf einmal zu verschlingen.
Die Remake-Spezialisten von Bluepoint Games (God of War Collection, Flower für PS4, The Ico & Shadow of the Colossus Collection) haben ihre Arbeit sichtlich gut erledigt, in Sachen Bonusinhalte findet sich jedoch absolut nichts erwähnenswertes: Ein paar zusätzliche Schwierigkeitsgrade, einige neue Trophäen sowie ein Standard-Foto-Modus pro Titel. Das der Multiplayer der späteren Ableger wegrationalisiert wurde und auch – der Vollständigkeit halber zu erwähnen – Uncharted: Golden Abyss für die PS Vita fehlt ist zwar nicht verwunderlich, aber für manche Spieler vielleicht doch ärgerlich.
Damit ist Uncharted: The Nathan Drake Collection für Kenner und (Langzeit-)Spieler der PS3-Teile eine nette, wenn auch nicht absolut zwingende Empfehlung. Wer die Spiele jedoch nicht kennen sollte, sie nochmals und vielleicht auch gleich in einem Zug erleben will oder einfach nur ein großer Fan der Serie und dessen sympathischen Helden selbst ist, dem kann man wohl kaum ein besseres Remake oder eine sinnvollere Sammlung empfehlen. (Hier übrigens noch der Link zu hunderten HD-Screenshots und Konzeptzeichungen auf unserer flickr-Seite)
Plattform: PS4 (Version getestet), Spieler: 1, Altersfreigabe (PEGI): 16, Release: 07.10.2015, www.unchartedthegame.com