Höhere Gewalt
„Auf da Alm da gibts koa Sünd“ – so heißt es doch, nicht wahr? Für die schwedische Familie in Höhere Gewalt (Originaltitel: Turist) scheint dies jedoch nicht gänzlich zuzutreffen.
So verwandelt sich der Familienurlaub den das Ehepaar Ebba (Lisa Loven Kongsli) und Tomas (Johannes Kuhnke) mit ihren Kindern in den französischen Alpen unternehmen bald zu einem Albtraum der emotionalen Sorte. Als sich die ganze Bande nach einem Skitag im Gipfelrestaurant nämlich auf ihr Essen freut scheint eine kontrolliert ausgelöste Lawine doch zu entgleisen und droht die Almhütte zu überrollen. Mutter Ebba versucht die Kinder zu schützen während sich Tomas schreiend entfernt. Obwohl die Lawine noch zeitig halt macht, schadet Tomas Verhalten seiner Rolle als Patriarch und es beginnen in den darauf folgenden Tagen Brüche in der Ehe der beiden sichtbar zu werden.
Wie schnell sich Beziehungen wandeln können zeigt der Film von Regisseur Ruben Östlund auf und schauspielerisch überzeugen Johannes Kuhnke und Lisa Loven Kongsli in ihren Rollen voll und ganz. Beide Ehepartner sind bis zu einem gewissen Grad jedoch relativ kindisch – Tomas leugnet beständig seine Tat und Ebba lässt das Thema einfach nicht los. Obwohl es hierbei leichter ist die Ehefrau zu verstehen wird das hin und her bald etwas schwer zu ertragen.
Die Handlung plätschert nämlich nach Beginn der Eheprobleme dahin und variiert nur die Eskalation zwischen Tomas und Ebba in verschiedenen Situationen und vor verschiedenen Freunden und Unbekannten. Der Zuschauer wird sich bald nach irgendeiner Art von Resolution sehnen, ob es nun die Trennung oder die Versöhnung sei. Dieses Gefühl dürfte Höhere Gewalt jedoch auch wecken wollen, so deutet er doch zumindest während den ewigen Streitereien sehr oft neuerlich anstehende Gefahren an, die über die Familie einbrechen könnten, führt diese allerdings nie aus. Dabei entstehen auch sehr ansprechende Bilder der Berge und Natur rund um die Haupthandlung – jedoch für den Zuschauer, der schon genug hat vom sich im Kreis drehen der Ehepartner wird das nicht genügen um ihn in Spannung zu versetzen.
Das Ende des Filmes banalisiert den Punkt der Erzählung etwas und räumt zu sehr mit allen Problemen auf – was eher an die zyklisch-serielle Narration amerikanischer Sitcoms erinnert, wo am Ende alles wieder wie am Anfang der Folge sein muss. Man wollte wohl die Kinogeher nicht depressiv wieder zurück nach Hause schicken, jedoch wird durch diesen Rückzieher die Aussage stark verwaschen, nach der ein unglücklicher Zufall große Folgen haben kann.
Für Freunde des emotionalen Durchdeklinierens von Beziehungsproblemen ist das neueste Werk von Regisseur Östlund vielleicht einen Blick wert, jedoch wer nicht so gerne die Lupe auf zerbröckelnde Ehen richten will, sollte um Höhere Gewalt vielleicht einen Bogen machen.
Regie und Drehbuch: Ruben Östlund, Darsteller: Johannes Kuhnke, Lisa Loven Kongsli, Kristofer Hivju, Vincent Wettergren, Clara Wettergren, Filmlänge: 120 Minuten, Kinostart: 23.01.2015, www.magpictures.com/forcemajeure/