Polkov © Alex Krischner

Polkov – Polkov

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Folk

„This is where it ends – seems like a good place to start“ – „Kamaro’s Song“, das erste Stück am selbstbetitelten Debutalbum der Grazer Band Polkov, ist einerseits ein großartiger Indiehit und gleichzeitig Vorbote auf das, was da noch kommen soll.

Melodische Keys und eine wunderbare Atmosphäre, in die scheint dieses Album gebettet zu sein wie in Watte. So kitschig das klingt, so schön ist das Ergebnis: Was man in den letzten Jahren wohl immer eher nach Nordamerika verortet hätte, in die schönen klassischen Stätten des Folk (Nashville! Memphis!), hat man nun hier, entlang der Mur, gefunden. Graz – dieser (gut, neben Linz) schnelllebige und kreative Melting pot der österreichischen Musiklandschaft hat also wieder einmal Erstaunliches hervorgebracht. Hinter dem Kollektiv Polkov stecken sechs Musiker, die bereits anderweitig ihre musikalischen Fußspuren hinterlassen haben (Stereoface, Shaun Berkovits, Marta, Farewell Dear Ghost).

Graz in Amerika. Oder Amerika in Graz. Wie auch immer – so ein unpeinlich gutes Englisch, wie Sänger und Gitarrist Laurenz Jandl es uns hier zu präsentieren weiß, kann nur als Höchstgenuss bezeichnet werden. Besungen werden da noch dazu nicht nur peinliche Liebesabenteuer oder der allzu abgedroschene Weltschmerz – auch wenn er in den schmunzelnd-traurigen Melodien eigentlich immer mitschwingt – sondern die großen Themen der Postmoderne. Also: Hermione Granger, die Trennung zwischen Tür und Angel, das schmerzvolle Verliebtsein und, natürlich, überfüllte Bars.

Schon seltsam, dass das Projekt Polkov erst vor zwei Jahren ins Leben gerufen wurde – gegründet eigentlich von Laurenz Jandl und Paul Pfleger und mittlerweile zu einer sechsköpfigen Formation herangewachsen. Gut, Gründungsgedanken gab es 2009 schon, aber 2012 erst ging es richtig los. Dabei wirkt das nun vorliegende Debut so ausgereift und rundum abgefeilt – ohne Glanz zu verlieren – dass man meinen sollte, hier wurde schon zumindest ein Musikerleben lang hineininvestiert.

Grundlegend für die Musik von Polkov sind die gleichermaßen verträumten wie abgehobenen Arrangements, die einen manchmal zweifeln lassen, wo sich die Grenze zwischen Realität und Traum verschiebt. Ein leichtes Schlagzeug, das die wunderschön, dezent-melancholischen Melodien umspielt unterstützt den manchmal schon fast einlullenden Sog der Stimme Laurenz Jandls. „I should have killed them all“ (Caterwaul) klingt in diesem Gefüge eigentlich fast wie ein Liebesgeständnis. Schnell wandeln sich die einzelnen Stücke zu schmeichlerisch-eleganten Ohrwürmern, auf die Calexico ganz schön stolz sein könnten. Aber auch als einflussnehmende Paten für dieses Album haben sie einen guten Dienst geleistet.

Das wichtigste Instrument dieser Platte? Die Pedal-Steel-Gitarre. Hier berühmterweise gespielt von Jon Graboff, der schon mit Norah Jones und Noel Gallagher zusammengearbeitet hat. Im Zusammenspiel der sechs Musiker entsteht eine ganz eigene Dynamik, die durch die erwähnte Steelgitarre in Richtung Folk getrieben wird und sich dort mitreißend zu präsentieren weiß.

Und sogar naiv-aufrichtige Zeilen wie „I am sad, so very, very sad“ (Promised Land) werden umgewandelt in den Inbegriff dessen, was uns die Winterdepression allen auflädt. Nur, dass man sich bei diesem Album sogar gern in die Decke eingräbt und über das Leben sinniert; die Ruhe, die auf den einzelnen Stücken liegt, aufsaugend (den Bourbon natürlich obligatorisch dazu). Außerdem sollte man sich ebenso daran halten: „Yesterday was terrible – yesterday is gone“ (Pictures). Heads up to the future – eine ganz große für Polkov.

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