pressplay placeholder (c) 2019 pressplay

Depeche Mode – Delta Machine

7
Synthpop

Ob I just can’t get enough aus dem Jahr 1981 wörtlich noch immer zu trifft, ist auf den ersten Blick schwer zu sagen. Und falls dem so ist, trifft es eher auf Depeche Mode selbst, auf ihre Fanbase, oder gar vielleicht auf beide Seiten zu…

Delta Machine – so der Name der neuen Platte, die zum Großteil natürlich wie immer aus der Feder und den Tasten von Martin Gore stammt, verdient nach wie vor das Prädikat Depeche Mode – wenn auch etwas variiert. Beginnt man bei dem Trio in ihrer Band-Historie zu graben, finden sich 13 Studio-Alben, die einen Weg markieren, der ausgehend vom 80er New Wave Disco-Klassiker I Just can’t get enough bis hin zur aktuellen Single Heaven einen Hang zur Ruhe besitzt. Die große Frage, die sich am Schluss stellen wird: Funktioniert dieser Weg?

Delta Machine kündigt sich mit dem Titel Welcome to my world einführend und gleichzeitig auch etwas pathetisch an. Der typische Synthie-Sound wirkt spröde, widerspenstig und abgehackt, was aber für den ersten Moment sofort Interesse und Aufmerksamkeit weckt. Mit dem Folge-Titel Angel entwickelt sich dieser Stil dann fast schon in eine Richtung, bei der man glauben könnte, dass Depeche Mode nun doch bei Trent Reznor’s Lable Nothing unterzeichnet haben. Hörer die mit dieser Klang-Richtung weniger anfangen können, werden danach wieder milde gestimmt. Denn die Single Heaven erinnert mit einer eingängigen Gesangslinie und den typischen Tasten-Melodien neben den Synthie-Beats dann doch wieder an die typischen Depeche Mode-Klänge. Ebenso das von Dave Gahan geschriebene Secret to the End trifft ihren markanten Sound auf den Punkt, während sich der Hörer recht lang und intensiv auf die Suche nach Unterschieden zu Martin Gores Schreibstil machen kann.

Der Hörer wird mit viel Feingefühl an den Hauptteil von Delta Machine herangeführt und bei einer aufbauenden und abfallenden Kombination aus Melodie und Rhythmik finden sich auch einige gute Passagen. Was allerdings leicht am Rande mit schwimmt, ist das Gefühl, das es mittlerweile in diesem Musik-Genre Formationen wie IAMX, Hot Chip oder weitere Konsorten gibt, die dann doch etwas erfinderischer und mutiger vorgehen. Stellenweise kommt es einem sogar vor, als würden Depeche Mode versuchen einige Titel auf Delta Machine ganz bewusst mit Passagen zu versehen, die stark an die aktuellen Indie-Electro Formationen erinnern. Leider erreichen sie dieses frische aggressive Niveau dann doch nicht ganz. Womöglich liegt es auch daran, dass sich die Band wesentlich näher an einer breiteren Hörerschaft orientieren als diverse jüngere Art-Verwandte. Aber wenn sich etwas als nicht ganz so erfinderisch oder komplex entpuppt, mag das nicht heißen, dass es am Können scheitert, sondern vielleicht vielmehr, dass man sich am Ende bewusst dagegen ausgesprochen hat.

Wer auf dem Album nach Titeln wie Personal Jesus, Enjoy the Silence oder Never Let Me Down Again Ausschau hält, der könnte etwas länger damit beschäftigt sein fündig zu werden, um dann am Ende doch zu der Erkenntnis zu gelangen, dass es Titel dieser Art auf Delta Machine einfach nicht gibt. Das neue Album knüpft, wenn man Playing the Angel außen vor lässt, direkt an die letzteren Alben an und liefert zwar nach wie vor eine düstere, aber dafür ruhigere Atmosphäre. Ähnlich dem Vorgänger Sounds of the Universe, auf dem ebenso wenig ein richtiger Depeche Mode Disco-Hit zu finden war. Denn davon haben sie sich mittlerweile doch etwas entfernt und vielleicht findet sich in diesem Aspekt ja auch das spezielle Etwas, welches das Trio auch heute noch für ihre Fanbase interessant macht. Der Mut zur Ruhe und die Entscheidung dem Synthie-Rock fast gänzlich den Rücken zu zukehren, um sich stattdessen neben dem typisch-markanten Synthie-Depeche Mode Sound an eine fast schon atmosphärische Klang-Stimmung heranzutasten. Düsteres und Melancholisches findet sich darin nach wie vor. Wobei Delta Machine im Vergleich zu manchen anderen früheren Werken etwas optimistischer erscheint.

Bei Delta Machine handelt es sich um ein abwechslungsreiches Album, das einige kleinere überraschende Variationen liefert. So wie beim Vorgänger wurden hier ebenfalls einige Titel von Dave Gahan selbst verfasst, die sich fast unbemerkt unter die anderen schummeln und eine geschlossene Platte entstehen lassen. Denn geschlossene Platten machen, das können Depeche Mode. In einem älteren Interview behaupteten sie, dass sie ein Album nach dem Schema einer Vinyl-Platte produzieren und sich zuvor ganz bewusst überlegen, an welcher Stelle die Plattenseite gewechselt werden sollte. Anhand dessen kann man sich vorstellen, dass Depeche Mode doch den einen oder anderen Gedanken dafür verwenden, eine Dramaturgie oder eine Art von Bogen in ihr Album zu bringen.

Der atmosphärische, ruhige Sound bringt hier neben dem roten Faden allerdings den Faktor mit sich, dass es eher im Hintergrund vor sich hin klingt. Wobei es sich dabei dann doch um einen recht hochwertigen Klang handelt, traut sich die LP ohne einer einzigen Tanznummer darauf eine Veröffentlichung zu. Was aber funktioniert und ein bewusstes Hören der LP voraussetzt um zu begeistern. Man muss sich als Depeche Mode Fan der ersten Stunde lediglich auf dieses Album einstellen und wird nicht enttäuscht werden. Und sollte doch einmal der Wunsch nach einem tanzbareren Depeche Mode Titel aufkommen, bleibt ja nach wie vor der Griff in das CD Regal in dem Violator vor sich hin staubt.

Depeche Mode – Delta Machine, Sony Music, www.depechemode.com