Persona 4 Golden
PS Vita-Besitzer sitzen derzeit ein wenig auf dem Trockenen. Sony ist beschäftigt mit dem Hype um die neue Playstation 4 und viele Entwickler scheinen dem High-Tech-Handheld weiterhin eher skeptisch gegenüber zu stehen. Woher also frische Software nehmen, wenn niemand in den Entwicklungsaufwand investiert? Ein Ansatz ist es wohl, die unendlichen Weiten der PS2 Bibliothek zu durchstöbern und die besten Perlen für die Vita neu aufzulegen – so findet mit Persona 4 eines der angesehensten PS2-Rollenspiele seinen Weg auf die Plattform. Persona Spiele sind Ableger der Shin Megami Tensei Reihe, eine der langlebigsten JRPG-Serien überhaupt, die trotz ihres Nischendaseins – oder vielleicht gerade deshalb – nicht unterzukriegen ist. Der Fokus bei Persona ist meistens eine ausführlichere, zugänglichere Story und so übernimmt man als Protagonist das Schulleben in einer Kleinstadt, die von mysteriösen Morden heimgesucht wird.
Es gibt eine verborgene Welt zu entdecken, die sich hinter dem Fernseher (!) verbirgt – wer es wagt, hineinzutauchen, beginnt mit dem Erforschen zufallsgenerierter, mit psychotischen Motiven behaftete Dungeons. Neben dem Versuch, weitere Morde zu verhindern und aufzudecken, was dahinter steckt, nimmt der Protagonist am Schulalltag teil, lernt neue Freunde kennen und pflegt zu diesen seine „Social Links“, welche im Gegenzug bestimmen, wie effizient die im Kampf kontrollierten Monster sind.
Das alles passiert im Rahmen eines täglichen Ablaufs. In der Früh geht es in die Schule, wo je nach Kalendertag an Tests oder sportlichen Aktivitäten teilzunehmen ist. Danach muss der Spieler entscheiden: Verbringt er den Rest des Tages mit Freunden um seine Social Links zu pflegen; lernt er in der Bibliothek, um seine Stats zu steigern oder verbringt er die Zeit damit, in den Dungeons Kämpfe auszutragen um ein Opfer daraus zu retten? Die Entscheidung fällt angesichts des meist strikten Zeitlimit schwer. Am Abend kann sich der Spieler dann noch aus dem Haus schleichen, um das Nachtleben der Kleinstadt zu erkunden – nachdem er sich schlafen gelegt hat beginnt der tägliche Ablauf dann von Neuem. Besondere Events wie Feiertage oder Ferien sind natürlich immer in den Ablauf eingearbeitet und so wird daraus tatsächlich ein realistisches Schuljahr.
Dieses Erfolgkonzept, das mit Persona 3 geschaffen wurde, ist in Persona 4 noch weiter verfeinert und beinahe bis zur Perfektion abgefeilt. Dazu kommt aber auf der PS Vita noch die Eigenschaft hinzu, dass sich die kleinen Spielbrocken vorzüglich für einen Handheld eignen. Die Abwechslung zwischen Social-Sim und Dungeon-Crawling ist hoch unterhaltsam und sorgt dafür, dass keiner der Teilaspekte jemals eintönig wird. Das solide Skript verspricht Personen, die sich wie echte Menschen „anfühlen“ und die ausgiebigen Zwischensequenzen bleiben dadurch immer involvierend. Persona 4 Golden schreckt auch nicht davor zurück, sich mit den düsteren Aspekten der menschlichen Psyche auseinanderzusetzen und spielt konstant mit Ängsten und Geheimnissen der menschlichen Charaktere.
Obwohl Persona 4 an sich bereits ein rundes Paket ist, wird das PS Vita-Remake trotzdem noch etwas aufgestockt: Neben zwei neuen Social Links, einem neuen Dungeon und jeder Menge zusätzlicher Details sind vor allem die Online-Features kleine, aber feine Bereicherungen: Nicht nur, dass an jedem Tag nachgesehen werden kann, für welche Aktionen sich alle anderen Spieler entschieden haben – in den Dungeons selbst können SOS-Rufe ausgesandt werden. Im Falle einer Antwort gibt es im nachfolgenden Kampf einen kleinen Bonus, der oftmals gar nicht ungelegen kommt: Wie es sich für einen Ableger der Shin Megami Tensei Reihe gehört, ist das Gameplay nämlich hammerhart. Wer sich nicht um die taktischen Details des Kampfsystems schert, der wird sich schnell mit dem „Game Over“ Bildschirm anfreunden müssen – aber selbst für den vorsichtigen Spieler wartet der überraschende Tod an jeder Ecke.
Grafisch macht das Spiel auf der PS Vita eine beachtliche Figur. Nur selten wird man an die PS2-Herkunft erinnert, mit abwechslungsreichen Designs wird das Auge unaufhörlich verwöhnt. Dazu gesellt sich ein stimmiger Pop-Soundtrack, zeitgemäß ist das Spiel somit nach mehreren Jahren allemal. Mit Persona 4 Golden wurde der PS Vita zum ersten Mal eine tatsächliche „Killer-App“ spendiert. Selbst für Konsolen-Verhältnisse eines der umfangreichsten Pakete überhaupt, verspricht das Spiel dutzende Stunden Spielspaß, während zu jedem Zeitpunkt Qualität aus allen Poren sprießt. Für jeden, der Persona 4 noch nicht gespielt hat, ist der Titel wärmstens zu empfehlen und selbst Fans sollten aufgrund der immanenten Handheld-Affinität sowie der neuen Features bedenkenlos zugreifen.
Plattform: PS Vita (Version getestet), Spieler: 1, Altersfreigabe (PEGI): 16, Release: 22.02.2013