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Dry The River – Live im Chelsea Wien

Natürlich! Selbstverständlich! Bright Eyes und Mumford and Sons. Bereits alles gehört…

Wäre man im Kopf von dem doch etwas bekannteren Musikjournalisten Paul Lester, der Dry the River neuerdings mit Mumford and Sons vergleicht, dann würde einem wohl auch die Aussage über die Lippen und aus dem Mund fahren, dass Likewise eigentlich den Namen Bright Eyes tragen müssten.

Die Band aus Wien, Wels, oder vielleicht doch auch Lambach, verhilft Dry the River an diesem November Abend im Chelsea zu einem gelungene Support. Und auch wenn der eine oder andere Part stark an Bright Eyes erinnern mag, so schwebt doch auch etwas mit, das die junge Indie-Fraktion für die kommenden Jahre interessant machen könnte. Eine junge Band die nicht nur auf dem Album dementsprechend überzeugt, sondern sich auch auf kraftvolle Bühnenauftritte versteht, bei denen das Zusammenspiel einfach passt. Ein geeigneter Support also, der die richtige Stimmung für Dry the River schafft. Doch bevor die Engländer die Bühne betreten folgt ein starker Bruch, bei dem einem dann doch das Schmunzeln kommt. Aus der PA schallt, aus den tiefsten 80ern kommend, Eddie Murphys Party all the time, das irgendwie so gar nicht ins Konzept der Band passt. Oder vielleicht doch?

Wenn man die Band abseits ihrer Musik etwas besser kennt, schon. Denn mit viel Energie folgt ein Set, in dem Lieder wie No Rest oder Demons, die auf der Platte eine angenehme Ruhe transportieren, durchaus mal dazu anregen, dass der Sänger Peter Liddle auf die Bass Drum steigt, um gleich darauf wieder herab zu springen. Die angekündigte Attitude aus dem früheren Hardcore Genre ist also durchaus noch vorhanden und wird auf der Bühne weiterhin im Sinne einer All-Time-Party zelebriert. Und wären Dry the River ein Abklatsch von Mumford and Sons, so würde der Drummer womöglich kaum mit einem Danzig Shirt bekleidet, derbst posend hinter seinem Schlagzeug agieren.

Mit New Ceremony an zweiter Stelle auf der Playlist wird nicht nur die Band auf der Bühne etwas aktiver, sondern auch das Publikum zeigt, dass Dry the River willkommen sind. Selbst, wenn es sich im dicht gedrängten, mit Hörern voll gepumpten Chelsea als schwierig erweist Bewegung zu zeigen.

Mit den Worten Here comes the part, where we show, that we’re supposed to be a rockband, spielt der Bassist nach dem Song Demons, der mit einer lauten Gitarren- und Soundwolke beendet wird, auf die Hardcore-Vergangenheit der Band an. Denn bei ihm ist es am deutlichsten spürbar, sobald er seinen Bass zu ruhiger Musik schwingt, als wäre er zusammen mit La Dispute auf der Bühne. Der flüchtige Gedanke ihm an Stelle des Basses ein Neugeborenes in die Arme zu drücken, drängt  sich bei seiner Art ihn hin und her zu wiegen zwar auf, wird aber sogleich wieder verworfen, sobald er wie wild damit herum zu springen beginnt. Wenn dann auch noch zu No Rest zusammen mit den anderen Bandmitgliedern in der vordersten Front zum synchron gestalteten Headbanging aufgerufen wird, spürt man, dass in den ruhigen melancholischen Liedern von Dry the River eine Energie steckt, die auf der Bühne umso deutlicher spürbar wird.

Was in letzter Zeit ebenfalls wieder stark in Mode kommt, ist das Lösen von den Mikophonen, um gewisse Parts ohne deren Verstärkung stimmlich in das Publikum zu tragen. Denn gerade bei Bands wie Likewise, Garish, Get Well Soon, oder eben Dry the River, die in ihren Liedern Momente der Ruhe haben, funktioniert das und erzeugt eine ganz besondere Stimmung.

Einziges Manko an diesem Abend ist, dass der Band mit ihrem bisherigen Debut-Album nur wenige Lieder zur Verfügung stehen, und so wird das Konzert dann doch eher ein kurzes, wenn auch intensives Vergnügen. Die Zugabe wird nicht auf der Bühne sondern unplugged mitten im Publikum unter einem Torbogen des Chelsea abgehalten. Mit ähnlichem Ansatz beendeten auch Nada Surf vor zwei Wochen ihr Konzert im Flex. Ob es ein Zufall ist, dass beide Live-Shows vom österreichischen Plattenlabel Ink veranstaltet worden sind und ob da eine Verbindung besteht? Hier wird vom Verfasser dieser Zeilen möglicherweise wiedereinmal viel zu viel hinein interpretiert. Allerdings ist es vielleicht eine Überlegung wert, dass Ink diese Form einer Zugabe den Bands in Zukunft nahelegt.