A-Simple-Life-(Tao-Jie)-©-2011-Distribution-Workshop,-Tucker-Film

A Simple Life

8
Drama

Das asiatische Kino versteht es wie kaum ein anderes Geschichten zugleich zurückhaltend und doch eindringlich zu erzählen. Die magischsten Momente entstehen dann, wenn der Blick darauf fällt, was wir unter alltäglichen Begebenheiten und Menschen verstehen…

Die Hongkonger Regisseurin Ann Hui setzt gerade sie gerne in den Mittelpunkt ihrer Filme. Auch in „A Simple Life“, der letztes Jahr bei der Biennale von Venedig und nun im Filmcasino bei „Hong Kong in Motion“ zu sehen war, erzählt sie vom Unspektakulären, vom einfachen Leben in doppeltem Sinne. Deannie Yip, die für ihre Rolle mit dem Preis für die beste Schauspielerin ausgezeichnet wurde, spielt die Dienerin Ah Tao. Seit 60 Jahren steht sie im Dienst der Leung-Familie, hat sich um den Haushalt und die Kinder von fünf Generation gekümmert. Die Familie ist in die USA ausgewandert. Nur Roger (Andy Lau), ein Filmproduzent, ist in Hongkong geblieben. Ah Tao ist nun seine persönliche Dienerin. Als Ah Tao einen Schlaganfall erleidet, bringt Roger sie auf ihren Wunsch in einem Altersheim unter.

Nun kehren sich die Rollen um. Roger besucht Ah Tao, holt sie zum Essen in einem Restaurant ab, nimmt sie zu einer Filmpremiere mit. Ganz selbstverständlich, ohne Sentimentalität oder einem falschen Heroismus, findet er sich in die Situation ein und behandelt sie wie eine Familienangehörige. Ah Tao, ihrer Stellung als Dienerin bewusst, würde es (ganz im Gegensatz zur allgemeinen Vorstellung von Familie) nie einfallen, irgend etwas von ihm zu fordern, auch nicht Besuche. Und es sind dann die Szenen, wo Ah Tao voll Vorfreude und Ungeduld den Besuch Rogers erwartet, die ungemein berühren. Man sieht nichts von der Vergangenheit, wie die Beziehung der beiden gewachsen ist und erfährt kaum etwas davon, was sie miteinander erlebt haben. Doch man spürt, dass da ein starkes Band zwischen den beiden ist, es ist einfach da.

Ann Hui gelingt es – auch dank der beiden großartigen Hauptdarsteller – eine Geschichte aus dem Leben zu erzählen. Es wirkt, als hätte die Regisseurin ihre Figuren nur ganz sachte ins Licht gerückt. Nicht mit philosophischer oder künstlerischer Auseinandersetzung, sondern mit einer Art natürlicher Glaubwürdigkeit und Leichtigkeit handelt der Film von Loyalität, Familie, von Einsamkeit und Geborgenheit, vom Altern und vom Tod. Nur manchmal entsteht der Eindruck abrupter Übergänge im Verlauf. Dass es auch um Konflikte geht, erfährt man nebenbei. Stattdessen setzt Hui auf liebenswürdige Figuren und Humor.

Auf einer ganz anderen Ebene ist der Film wiederum selbstkritisch, indem er die Filmbranche zur Schau stellt. Es geht darum, welche Rolle einem Menschen zukommt. Spielt man nicht immer eine Rolle, sobald man in die Öffentlichkeit tritt? Oder ist es nicht ganz egal, wer man ist? Ann Hui lässt dafür en passant auch einige Größen des asiatischen Kinos als Cameos auftreten (u.a. Tsui Hark, Sammo Hung). Sie spielen sich selbst. Nur die Hauptdarsteller wirken nicht wie Schauspieler, sondern wie Menschen aus dem wirklichen Leben.

Regie: Ann Hui, Drehbuch: Susan Chan, Yan-Iam Lee, Darsteller: Deannie Yip, Andie Lau, Lawrence Ah Mon, Angela Baby, Dennis Chan, Laufzeit 118 Minuten, gezeigt im Rahmen von Hong Kong in Motion




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