Faust
Ein Mann, der aus der Gier nach Macht seine Seele an den Teufel verkauft. Das wahrscheinlich einflussreichste, deutsche, literarische Werk wurde von dem russischem Regisseur Alexander Sokurow neuinterpretiert und mit grotesken und bizarren Bildern auf die Kinoleinwand gebracht…
Dr. Heinrich Faust (Johannes Zeiler) ist ganz der Wissenschaft verschrieben und kommt bei der Suche nach der menschlichen Seele zu dem Schluss, dass es diese nicht geben kann. Der Wucherer (Anton Adasinsky), hinter dem sich Mephisto verbirgt, nimmt sich des verzweifelten Wissenschaftlers an und führt ihn auf einer abenteuerlichen Reise durch die engen und schmutzigen Gassen eines kleinen deutschen Städtchens, auf der Faust seine letzten Illusionen und jegliche Gewissensbisse verliert.
„Faust“ ist der letzte Film von Alexander Sokurows Kino-Tetralogie über die Beschaffenheit von Macht. In den ersten drei Filmen beschäftigte sich der russische Regisseur mit historischen Personen: Adolf Hitler („Moloch“, 1999), Wladimir Lenin („Taurus“, 2000) und Kaiser Hirohito („Sonne“, 2005). Die literarische Figur des Faust schließt nun die Reihe dieser von Macht getriebenen Persönlichkeiten ab.
Sokurow ging bei seiner Verfilmung des „Faust“ sehr frei mit der literarischen Vorgabe um. Die Handlung wird großteils von den Ereignissen bestimmt, die passieren, während Mephisto und Faust gemeinsam durch die kleine Stadt streifen. Fast zufällig scheinen die beiden von einem Geschehen ins nächste zu schlittern und doch hat Mephisto überall seine Finger mit im Spiel. Hinterlistig treibt er Faust durch die Straßen. Der verzweifelte Wissenschaftler, der sich selbst und sein Leben scheinbar bereits aufgegeben hat, folgt dem Teufel gleichgültig, beinahe untätig von einer Szene in die nächste. Erst gegen Ende widersetzt sich Faust dem Teufel und zieht in die Ferne um ein Tyrann zu werden.
Auch für Mephisto findet Sokurow eine neue Interpretation. Der Teufel versteckt sich hinter der Gestalt des Wucherers, des Pfandleihers, denn „der Teufel ist immer dort, wo auch das Geld zu finden ist“. Er wirkt nicht charismatisch und amüsant wie bei Goethe, sondern ist ein alter, schwer deformierter Mann, dessen Hinterlist ihm beinahe aus jeder Pore trieft. Mephistos unheimliche Erscheinung wird vom Regisseur durch ein gekonntes Spiel mit dem Licht und ungewöhnliche Einstellungen noch verstärkt.
Großartig ist die schauspielerische Leistung der beiden Hauptdarsteller. Johannes Zeiler in der Rolle des Faust und Anton Adassinsky als Mephisto können in jeder Minute überzeugen und so die Zuseher an die Leinwand fesseln. Mit grotesken Bildern und bizarren Einstellungen schuf Alexander Sokurow einen verstörenden Film, der Goethes „Faust“ radikal neuinterpretiert und sich den Goldenen Löwen der Filmfestspiele in Venedig 2011 redlich verdient hat.
Regie: Alexander Sokurow, Drehbuch: Alexander Sokurow, Juri Arabow, Darsteller: Johannes Zeiler, Anton Adassinsky, Isolda Dychauk, Georg Friedrich, Hanna Schygulla, Laufzeit: 134 Minuten, Kinostart: 13.01.2012