Red-State-©-2011-Lionsgate

Red State

7
Thriller

Aus Gründen, die für viele europäische Filmfans kaum nachvollziehbar sind, hat sich rund um den Independent-Drehbuchautor / Regisseur / Schauspieler Kevin Smith eine kaum fassbare Aura aus Faszination und Begeisterung gebildet…

Mit Werken wie Clerks, Cop Out, Dogma, Zack and Miri Make a Porno und vor allem Jay and Silent Bob Strike Back hat sich der US-Amerikaner (größtenteils) für seine hochkarätig besetzten Komödien, die mit allerlei abstrusen Charakteren ausgestattet sind, einen Namen in der Filmgemeinde gemacht. Der mediale Aufruhr rund um seinen neuen Film Red State, der im Zuge des renommierten Sundance Filmfestival präsentiert wurde, war entsprechend groß, wobei Smiths kurzentschlossene und zugleich kontroversielle Entscheidung, den Film selbst zu vertreiben und nicht wie angekündigt im Zuge des Festivals nach Vertriebspartnern zu suchen, die Aufmerksamkeit dahingehend weiter anfachte (auch aufgrund eines Vergleiches mit der Distribution von Mel Gibsons The Passion of the Christ). Schon in Dogma hat der Regisseur sein Fable für den “spielerischen” Umgang mit theologisch-sakralen Elementen bekundet, nun verengt er im Horrorfilm Red State seinen Fokus auf religiösen Fanatismus und dessen verstörende Auswirkung auf das naheliegende Umfeld.

Genretypisch beginnt alles natürlich noch relativ harmlos, als sich ein Dreiergespann hormonell überkochender Jugendlicher auf Einladung einer Internetbekanntschaft auf den Weg zu einem vermeintlichen Sex-Date machen. Aufgrund vorherrschender Prüderie, Vorurteilsbereitschaft und einer äußerst drakonisch agierenden, religiösen Sekte wurde der vereinbarte Treffpunkt in einem entlegenen Wohnwagen gewählt, in dem die drei Heranwachsenden prompt mittels KO-Tropfen außer Gefecht gesetzt werden. Als sie wieder zu Bewusstsein kommen, befinden sie sich in den Fängen jener Five Points Church-genannten Sekte, die von theologischen Fanatismus und dem Flammenreden-führenden Anführer Abin Cooper (Michael Parks) getrieben auch vor rituellen Morden zur eigenen Reinwaschung nicht halt machen. Als schließlich die Erstürmung des Geländes jener Gemeinde seitens eines hastig zusammengestellten Einsatzkommandos unter der Führung von Agent Keenan (John Goodman) droht, eskaliert die Situation vollkommen…

Als Horrorfilm kann man Red State kaum bezeichnen, es sei denn, man bezeichne religiöse Hörigkeit als ebenso schaurig wie eine Zombieapokalypse. Sicherlich ist die strikt Schwarz-Weiß-gezeichnete Weltanschauung einiger Persönlichkeiten grundsätzlich bedenklich, denn gerade angesichts des vorherrschenden republikanischen Wahlkampfes in den USA trifft der Film hier und da den Nerv der Zeit – allerdings geht Red State kaum weiter auf jene „Kreuz“-Verweise (Vorlage für das Treiben der Sekte war die berüchtigte Westboro Baptist Church) bzw. bemühten dezenten Sittenbilddarstellungen ein.

Als actionreicher Schocker bzw. Thriller vermag Smiths jüngstes Werk jedoch über weite Strecken zu überzeugen: Michael Parks als redseliger Untergangs-Messiahs überzeugt mit ausgeprägter Mimik und seinen – teils etwas zu ausführlichen – Predigten, während der eigentliche Protagonist Goodman, der überraschenderweise erst im zweiten Drittel des Films in die Story verwoben wird, als bodenständiger Gesetzeshüter gekonnt den Gegenpart bzw. die Indentifikationsfigur für das Publikum gibt. 

Leider bleibt die anfangs noch lebhaft in Szene gesetzte Kontroverse rund um die Sektenthematik mit fortlaufender Handlung weitesgehend zugunsten recht sinnentleerter Schusswechseln auf der Strecke, was angesichts der interessanten Ansätze des Regisseurs als Verschwendung anzusehen ist. Das überaus amüsante Ende dämpft die Enttäuschung zwar einigermaßen ab, ein bitter Nachgeschmack bleibt dennoch nach der Sichtung übrig.

Regie und Drehbuch: Kevin Smith, Darsteller: Michael Parks, John Goodman, Melissa Leo, Kyle Gallner, Laufzeit: 97 Minuten, DVD-Release: 06.12.2011