Alice im Wunderland
Die Geschichte der kleinen Alice, die einem weißen Kaninchen in eine andere Welt folgt, in der ein komischer Hutmacher, eine Grinsekatze, sprechende Blumen und zahlreiche andere Fabelwesen leben, ist ja bekannt. Regisseur Tim Burton hat es sich dennoch nicht nehmen lassen und eine Neu-Adaptierung aus dem Hut gezaubert.
Von Sweeney Todd (2007) über Sleepy Hollow (1999) bis hin zu Beetle Juice (1988) beweist Burton seinen recht eigenen filmischen Stil, der vor allem als mystisch, düster und sehr kreativ zu beschreiben ist. Seit langem ist der Regisseur auch von einem Schauspieler angetan: Johnny Depp. Beide verbindet mittlerweile eine spezielle Freundschaft und so ist es kaum verwunderlich, das Depp auch hier eine der großen Rollen übernimmt. Alice (Mia Wasikowska), mittlerweile 19 Jahre alt, bekommt auf einer Feier einen Heiratsantrag eines recht fragwürdigen Lords, welcher sie so überrumpelt, dass sie davonläuft. Dabei entdeckt sie wie seinerzeit in jungen Jahren ein weißes Kaninchen und folgt diesem abermals in seinem Bau. Als sie nach einem langen Sturz in einer märchenhaften Welt ankommt, stellen sich dort alle die Frage, ob es sich in ihrer Person denn endlich um die „richtige“ Alice handelt.
Dies ist insofern von Bedeutung, da eine Prophezeiung besagt, dass diese als die Retterin des Unterlandes hervorgeht. Genau jenes Land muss wegen der roten Königin (Helena Bonham Carter), die der weißen Königin (Anne Hathaway) die Macht entrissen hat und nun äußerst böswillig über die Fabelwesen herrscht, gerettet werden. Alice trifft den verrückten Hutmacher (Johnny Depp) und scheint sich langsam aber sicher wieder zu erinnern, wer sie nun wirklich ist – woraufhin ihr Schicksal auch seinen Lauf nimmt. Wenn man Tim Burtons Alice im Wunderland sichtet, sollte man sich darüber im Klaren sein, dass einen nicht die altbekannte Geschichte erwartet. Neben den bekannten Charakteren konstruiert Burton eine völlig neue Inszenierung und geht dabei mit der Vorlage von Lewis Caroll ziemlich freizügig um. Die Handlung schwächelt dabei an dem einen oder anderen Punkt: so sind sowohl Anfang und Ende der Geschichte etwas langatmig und monoton; zusätzlich hätte der Film ein bisschen mehr von Burton’schen Stil vertragen – eine etwas verrücktere, nicht so biedere und glattpolierte Alice sowie hier und da noch mehr kreative Elemente (im Stile der überzeugende Landschaft).
Aber die schauspielerischer Leistung aller Beteiligten (besonders erwähnenswert Helena Bonham Carter, die in ihrer Rolle sichtlich aufblüht) ist glücklicherweise einwandfrei und gibt dem Film wie erwartet eine besondere Note. Auch durch die phantasievollen Kostüme, die bereits fantastische Landschaft und vielen weiten kleinen Details erschafft Burton eine kreativ-anmutige Atmosphäre, die jeglicher Kritik hinsichtlich der Art-Direction trotzt. Die 3D Effekte sind zwar überraschenderweise das ein oder andere Mal etwas unscharf, vergleicht man diese aber mit Camerons Avatar, hat Tim Burton eindeutig mehr Einfallsreichtum und Kreativität bewiesen, da er scheinbar mit mehr Herz als Technik an den Möglichkeiten gearbeitet und so ein kleines Meisterwerk erschaffen hat. Tim Burton hat es sich interessanterweise mit Alice im Wunderland nicht leicht gemacht. Alleine der Titel wird Zuseher aller Couleurs in die Kinosäle locken, wobei es der Regisseur aber nicht schafft, sowohl Fans als auch dem Mainstream-Publikum seinen eigenwilligen, aber kreativen Stil schmackhaft zu machen.
Sicherlich, der Film hat seine Macken, vor allem weil Burton überrachenderweise zu sehr auf seine Handschrift verzichtet hat. Deswegen ist es ratsam sich den Film möglichst ohne allzu große Erwartungshaltungen anzusehen, um die zahlreichen, ebenso wunderschönen wie auch ausgezeichneten Details zu erkennen und sich dieser großartigen, ambitionierten Produktion bewusst zu werden.
Regie: Tim Burton, Drehbuch: Linda Woolverton, Darsteller: Mia Wasikowska, Johnny Depp, Anne Hathaway, Filmstart: 05.03.2010, DVD Release: 22.07.2010, Laufzeit: 108 Minuten