Codename-STEAM-©-2015-Intelligent-Systems,-Nintendo-(2)

Code Name: S.T.E.A.M.

8
Taktik-RPG

Man kann sagen was man will, selbst für einen Publisher wie Nintendo ist der Release einer neuen IP kein Kinderspiel. Oder hat jemand im Vorjahr The Wonderful 101 gespielt? Eben.

Umso spannender also, dass Code Name: S.T.E.A.M. bei uns mit einigen Monaten Verspätung auf den Markt kommt, da man dadurch hervorragend den turbulenten Release des Spiels in den USA mitverfolgen konnte (mehr dazu weiter unten im Text). Eigentlich liegt ja ein Erfolgsrezept vor: Kein geringerer Entwickler als Intelligent Systems (bekannt für die Fire Emblem-Serie), hat es sich zum Ziel gesetzt, das etwas angestaubte Genre der Strategie-RPGs auf dem 3DS neu zu beleben. Im Grunde wird daraus eine vereinfachte Version von XCOM, die mit einer gehörigen Portion Charme in kitschigem Comic-Look vollends zu überzeugen weiß.

Zur Story: President Lincoln muss die Welt retten und versammelt ein Team an literarischer Prominenz (Tom Sawyer, Tiger Lily etc.) unter dem Deckmantel Project S.T.E.A.M. Wofür Project S.T.E.A.M. steht? Keine Zeit für Erklärungen.

Das Gameplay präsentiert sich als eine hervorragend gelungene Mischung aus Shooter und Strategie: Jede Spielfigur hat eine gewisse Anzahl an Dampf zur Verfügung um Aktionen auszuführen: Bewegung, Schießen, Heilen – alles kostet wertvollen Treibstoff. Aktionen werden rundenbasiert ausgeführt, wobei eine besondere Eigenheit zu tragen kommt, nämlich das der Spieler dabei die Perspektive seiner Figuren nie verlassen kann. So gibt es keine übersichtliche Vogelperspektive, keine Karte und man manövriert schon mal (für das Genre untypisch) durch enge Korridore und verwinkelte Gebäude. Dadurch entsteht dann auch die „berüchtigte“ Problematik, mit der sich die Fachpresse beim US-Release des Titels so gar nicht anfreunden konnte: Ist ein Zug vollendet sind die Lovecraft-artigen Monster an der Reihe, der Spieler ist allerdings weiter gezwungen, das Geschehen aus seiner Perspektive aus zu beobachten.

Und nicht immer hat man so den Überblick: Stellt man seine Figuren unachtsam auf, so verbringt man schon mal eine gute Minute damit, eine Wand anzustarren, während das unheilvolle Treiben hinter den Kulissen vonstatten geht. Da hilft es nicht, dass sich das Geschehen kaum beschleunigen lässt – was Nintendo allerdings mittlerweile mit einem Patch behoben hat. Zwar kann man argumentieren, dass die Mechanik frustrierend wirkt, in der Praxis ist das Problem aber nicht wirklich hinderlich. Ein mitdenkender Spieler platziert seine Figuren so, dass er das Geschehen im Auge behält – tatsächlich scheint dieses Vorgehen ein zentraler Teil des Spiels zu sein.

Es gibt keine Erfahrungspunkte zu sammeln, keine Metaspiele zu absolvieren. Gut versteckte Schätze in den Levels können freilegt und auf lineare Weise neue Fähigkeiten freischalten werden, aber das wars auch schon. Was sich  etwas langweilig anhört, ist in der Praxis doch willkommen. Denn anders als etwa Fire Emblem ist der Schwierigkeitsgrad so immer genau richtig abgestimmt. Die Szenarien können knallhart sein und so hilft es, stets die Gewissheit zu haben, das ein Fehlschlag an der eigenen Vorgehensweise liegt und nicht an fehlendem Grinding.

Code Name: S.T.E.A.M. ist ein absolut erfrischender Genrevertreter und hätte sich ohne Zweifel mehr Aufmerksamkeit verdient. Die Grundidee weiß vollends zu überzeugen und die Präsentation ist höchst ansprechend. Der Hauptkritikpunkt am Ablauf hält schwer stand, wenn man die Stärken des Spiels bedenkt, die dadurch entstehen: Aufregende, nervenraubende Strategiegefechte, die auf dem 3DS sicherlich einzigartig sind.

Plattform: 3DS (Version getestet), Spieler: 1-2, Altersfreigabe (PEGI): 12, Release: 15.05.2015, http://codenamesteam.nintendo.com