The Strokes © Rough Trade Pitchfork

The Strokes – Comedown Machine

Die Strokes entführen Fans der ersten Stunde mit ihrem neuen Album Comedown Machine auf eine Achterbahn der Gefühle …

Nach den eher negativen Kritiken zum letzten Album Angles (hier zu unserer Kritik), dass die New Yorker auch noch getrennt voneinander aufgenommen haben, verschwanden sie relativ schnell – nach einer Entschuldigung an die Fans für das mehr oder minder unharmonische Zusammenspiel und Endprodukt – wieder im Studio und gelobten Besserung. Als dann vor kurzem der erste neue Song im Netz auftauchte, verbreitete sich dank der mehr als untypischen Klängen (Frontmann Casablancas im Falsett?!) doch etwas Angst und Bange. So stellte man sich unweigerlich die Frage: Haben sich The Strokes nach 15 Jahren Bandgeschichte etwa vom einstigen Ausnahmetalent zum schlichten Mittelmaß entwickelt?

Der Song One Way Trigger, die genannte Kostprobe für das kommende Album, erntete von Fans und Kritikern Missbilligung und Häme. Zu Unrecht – stellt sich heraus, wenn man das Gesamtkonzept der neuen Platte namens Comedown Machine betrachtet, denn der Song entfaltet beim mehrfachen Anhören durchaus eigenen Charme. Das Zusammenspiel von Synthie- mit dem gewohnt rockigen Strokes-Sound funktioniert – gewöhnungsbedürftig bleibt für so manchem allerdings die Kopfstimme von Sänger Julian Casablancas. Dass sich der Sänger darauf und auf den Sound der 80er Jahre eingeschossen hat, ist aber vermutlich vielen schon seit seiner Soloplatte Phrazes for the Young klar.

Die erste Singleauskopplung All The Time und die Nummer 50 50 bilden die Höhepunkte der Platte. Die Songs erinnern an die Anfänge der Band: Schnell, laut, dreckig und mit der rauen Stimme Casablancas. Jener Gesang, der zuvor jeder Nummer das gewisse Etwas verliehen hat, ist zugleich das große Problem auf Comedown Machine: Die Stimme hat – enttäuschenderweise – etwas an Reiz und Novität verloren und wirkt zudem teilweise glatt, kantenlos und sogar etwas zu überproduziert. The Strokes hören sich 2013, nach ihren experimentellen Solo-Projekten (daher ist von Synthie- bis zu Hawaii-Sounds alles dabei), mit dem beigefügten Hauch der 70er-und 80er-Jahre, eher nach New Yorker Hochglanz-Disco als nach verrauchter New Yorker Kneipe an. Da kommt dann irgendwann der Punkt, an dem sich die Frage stellt, ob die Band eigentlich selbst noch ein Konzept hat, wie The Strokes klingen sollten.

Mit etwas Geduld hört man sie dann aber doch wieder, die besonderen Momente bzw. den Rückgriff auf alte Stärken. Besonders hörenswert auf Comedown Machine ist das wiederkehrende harmonische Spiel der Gitarren, die sich langsam um den Gesang von Casablancas aufbauen, wie etwas eindrucksvoll bei Slow Animals und Welcome To Japan zu hören ist. Auch der musikalische Schlagabtausch von Gitarren, Drums und neuen Synthie-Soundelementen wie in Partners in Crime kann faszinieren – viele der Songs entfalten sich jedoch erst gegen Ende und brauchen daher Zeit und, ja, Geduld.

Am Ende von Comedown Machine bleibt aber ein bitterer Beigeschmack: entweder haben The Strokes ein neues Stadium ihrers Künstlerdaseins erreicht und entdecken gerade zusammen neue Seiten (was zu hoffen ist, denkt man schnell an Songs wie Is this it, Last Night, Reptilia, 12:51, Juicebox oder Heart in a Cage), oder man hört einer der markantestes Rockbands des letzten Jahrzehnts sowie Inbegriff des New Yorker Indie-Sounds gerade dabei zu, wie sie sich langsam aber sicher verabschieden.

The Strokes – Comedown Machine, Rough Trade, www.thestrokes.com