Heretic
In Heretic geraten zwei Jüngerinnen einer mormonischen Kirche beim Missionieren an den Falschen. Schwester Barnes (Sophie Thatcher) und Schwester Paxton (Chloe East) klingeln an die Tür des etwas verschroben wirkenden, aber auch sehr höflichen Mister Reed (Hugh Grant). Er bittet die jungen Damen herein und eröffnet einen Dialog über Glaubensfragen. Was dann folgt ist einer der besten Kammerspiel-Thriller seit langer, langer Zeit.
2024 ist ein wahrlich tolles Film-Jahr, insbesondere im Bereich des (Psycho-)Thrillers und Horrorfilms. Die Anzahl der wirklich sehr guten (oder zumindest sehr sehenswerten) Genre-Filme dieses Jahres sind kaum noch zu überblicken. Kleine Rundschau, gefällig? – Late Night with the Devil, Immaculate, Das erste Omen, Des Teufels Bad, Abigail, A Quiet Place: Day One, Civil War, Love Lies Bleeding, MaXXXine, Cuckoo, I saw the TV glow, Alien: Romulus, Longlegs, Blink Twice, Strange Darling, The Substance, Smile 2, Terrifier 3 … und jetzt mit Heretic schon wieder ein Kandidat, der um den Titel „Jahresbester“ miteifern kann.
Drehbuch und Regie verantworteten Scott Beck und Bryan Woods. Die beiden schrieben zum Beispiel das Drehbuch zum ersten A Quiet Place-Film. Sie führten aber auch Regie bei den im besten Fall als durchschnittlich empfundenen Filmen Halloween Haunt (2019) und 65 (2023). Mit Heretic gelingt ihnen ein erstes Meisterstück. Hoffentlich nicht ihr letztes.
Sowohl das Drehbuch als auch die Inszenierung können durch Intensität überzeugen. Für einen Film, in dem im Großteil der Laufzeit nichts Weiteres passiert, als dass drei Menschen zusammen in einem Zimmer sind und sich unterhalten, ist Heretic unheimlich fesselnd. Die bedrohliche Atmosphäre nimmt die Zuschauer vom ersten Moment an gefangen. Das gelingt natürlich auch nicht zuletzt wegen dem phänomenalen Darstellerinnen-Trio Sophie Thatcher, Chloe East und Hugh Grant. Vor allem Letzterer legt hier eine Karrierebestleistung hin.
Hugh Grant hat sich in den letzten zehn Jahren vollkommen freigespielt. Er kann machen, worauf er Bock hat. Das merkt man. Und es macht richtig Spaß beim Zuschauen, wenn er sich in seiner ersten Rundum-Bösewicht-Rolle voll ins Zeug schmeißt. Er ist dabei so gut und überzeugend, dass man schon von einer Oscar-Nominierung fantasieren könnte. Allerdings wird der Film gegen Ende dann doch recht heftig. Vermutlich zu extrem und abgründig für die Academy Awards.
Kann uns allen wurscht sein. Heretic ist ein sauspannender und unheimlich beklemmender Film. Er ist sowas wie das fehlende Bindeglied zwischen Hitchcocks Rope (1948) und Barbarian (2022) von Zach Cregger. Clever geschrieben und inszeniert – und genial performt. Mehr kann, darf und sollte man wirklich nicht erwarten. Schlaues Gänsehautkino, das lange nachhallt.
Regie und Drehbuch: Scott Beck, Bryan Woods, Darsteller: Hugh Grant, Sophie Thatcher, Chloe East, Topher Grace, Elle Young, Filmlänge: 110 Minuten, Kinostart: 26.12.2024