Immaculate
Es verrät mehr über den – äußert realen – Horror einer von Neo-Klerikalismus geprägten Gegenwart als den Michael Mohans Okkult-Thrillers Immaculate, dass dessen spannendster Aspekt nicht die blutigen Schockeffekte sind, sondern die inszenatorische Inversion populärer Parameter christlich-konservativer Konventionen des skurrilen Subgenres Nunsploitation. Selbiges evozieren bewusst das Poster, der die unbefleckte Empfängnis andeutende Titel und die Prämisse einer jungen Novizin, die in gutem Glauben (im doppelten Sinne) einer italienischen Ordensgemeinschaft beitritt.
Bald bemerkt Cecilia (Sydney Sweeney) beunruhigende Geschehnisse in dem vom manipulativen Pater Tedeschi (Álvaro Morte) geleiteten Gemäuer. In dessen kerzenbeleuchteten Kulissen überwiegt altmodische Schauerstimmung die wohldosierten Splatter-Scares, die zur mittelalterlichen Metapher sadistischer Glaubenssätze werden.
Als die zölibatäre Protagonistin entdeckt, dass sie schwanger ist, sehen die Nonnen in ihr eine neue Maria. Der graut allerdings vor dem Nachwuchs eines Heiligen Geistes, der archaischen Aberglauben, patriarchalische Gewalt und pervertierte Progressivität vereint. Getragen von Sweeneys engagierter Darstellung funktioniert der sardonische Gegenpol zum üblichen filmischen Teufelstreiben zugleich als unheimliche Unterhaltung und Allegorie einer Kirche, hinter deren frommer Fassade monströser Machtwahn, Heuchelei und Brutalität wuchern.
Cecilias von drastischen Symptomen begleitete Schwangerschaft steht für aufgezwungenen Glauben, der selbst die Tugendhaftesten zum Schlimmsten treibt. Zwar ist die kinematische Kirchenkritik weder narrativ raffiniert, noch visuell innovativ, aber in ihrer effektiven Umsetzung durchaus amüsant.
Regie: Michael Mohan, Drehbuch: Andrew Lobel, Darsteller: Sydney Sweeney, Simona Tabasco, Álvaro Morte, Benedetta Porcaroli, Niccolò Senni, Dora Romano, Filmlänge: 89 Minuten, Kinostart: 04.04.2024