Sonne (c) 2022 Ulrich Seidl Filmproduktion(1)

Sonne

5
Drama

Umso vertrackter die Geschichte wird, umso mehr entgleiten Kurdwin Ayub Stil- und Selbstsicherheit, nicht unähnlich der jungen Hauptfigur ihres thematisch spannenden, dramatisch diffusen Langfilm-Debüts Sonne. Dessen aggressive Ästhetik verspricht eine Authentizität, die zunehmend dazu dient, lose Handlungsstränge, Logik-Lücken und narrative Unentschlossenheit zu überspielen. In der Manier Produzent Ulrich Seidls fokussiert das Jugenddrama einen mit Ekel-Extremen spielenden Scheinrealismus statt der weit stärkeren soziologischen und psychologischen Aspekte.

Deren Projektionsfläche ist die Oberstufenschülerin Yesmin (überzeugend: Melina Benli), die nach dem überraschenden Erfolg eines mit ihren besten Freundinnen Bella (Law Wallner) und Nati (Maya Wopienka) gedrehten Musik-Clips ihre religiöse Identität hinterfragt.

 

Dass der Song, zu dem die Mädchen in Hijab mehr rumalbern als tanzen, ausgerechnet REMs „Loosing My Religion“ sein muss, zeigt beispielhaft, wie die Drehbuchautorin und Regisseurin dramaturgische Inhalte lieber mit Holzhammer-Anspielungen vermittelt als durch Dialoge oder Interaktion. Dabei sind ihre gesellschaftskritischen Beobachtungen prägnant und die Darstellerinnen beweisen mehr als genug Schauspielkraft, um den schemenhaften Figuren Substanz zu verleihen.

Doch statt die konfliktlive, mitunter paradoxe Selbstsuche ihrer Protagonistin, in der die Aneignung religiöser Attribute seitens ihrer Freundinnen Zweifel am eigenen Glaubensausdruck weckt, auszuarbeiten, verliert sich die Inszenierung in einer visuell anstrengenden, willkürlich vulgären und inhaltlich verflachenden Collage von Handy-Videos.

Regie und Drehbuch: Kurdwin Ayub, Darsteller: Melina Benli, Law Wallner, Maya Wopienka, Lia Wilfing, Marlene Hauser, Margarethe Tiesel, Filmlänge: 87 Minuten, Kinostart: 09.09.2022

Sonne




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