Inferno Rosso – Joe D’Amato on the Road of Ecxess
Das italienische Genre-Kino der 1960er bis 1980er Jahre wusste von jeher – und weiß es auch heute noch – scharenweise Filmfans zu begeistern. Die illustren Gestalten vor und hinter der Kamera sind kultisch verehrte Figuren. Die Namen großer Regisseure, wie die drei Sergios – Leone, Corbucci und Sollima – oder Horrorfilm-Ikonen wie Dario Argento, Mario und Lamberto Bava, Lucio Fulci, Umberto Lenzi, Ruggero Deodato, Michele Soavi … Sie alle haben ihren festen Platz im Herzen der Fans und in den Annalen der Filmgeschichte gefunden.
Und dann gibt es da noch die Herren aus der zweiten Reihe, deren Schmutzfilme so schmutzig sind, dass selbst die engsten Gefährten lange nicht so richtig wussten, wie man mit ihnen umgehen – und in der Öffentlichkeit verkehren sollte. Der Papst dieser Schundfilme ist wohl ein gewisser Aristide Massaccesi, besser bekannt unter seinem Pseudonym Joe D’Amato.
Der italienische Dokumentarfilm Inferno Rosso – Joe D’Amato on the Road of Ecxess widmet sich eben genau dieser Randfigur und wird beim heurigen Slash-Filmfestival im Double Feature mit D’Amatos Ekel-Klassiker Beyond the Darkness (aka Buio Omega, aka Sado – Stoß das Tor zur Hölle auf)gezeigt. Joe D’Amato wird die Regie von über 200 Filmen zugeschrieben. Da er sehr häufig unter Verwendung weiterer Pseudonyme arbeitete, wird davon ausgegangen, dass es noch einige Filme mehr gibt, die seinem Ouevre zugeordnet werden dürfen. Der Mann arbeitete sprichwörtlich wie am Fließband.
Manch Film wurde gar in 4 Tagen abgedreht. Zu D’Amatos bekanntesten Filmen zählen die Black Emanuelle-Reihe mit Laura Gemser, sowie die Horrorfilme Man-Eater, Absurd oder der eben schon vorher genannte Sado. D’Amato liebte die Grenzüberschreitung, den Exzess, die Vermischung von Sex und Gewalt, sowie den schlechten Geschmack im Allgemeinen. Er zelebrierte all dies und schuf in einem schwindelerregenden Tempo ein Vielzahl an oft geschmähten – und inzwischen eben doch verehrten Streifen.
Dass er dann Ende der 80er Jahre mit seiner eigenen Produktionsfirma Filmirage in Zahlungsnot kam und sich ab den 90ern bis zu seinem Tod nur noch der Herstellung von Hardcore-Pornos widmete, gab seinem ohnehin zweifelhaften Ruf schließlich den Genickbruch. In den letzten Jahren beginnt eine vorsichtige Neubewertung des Schaffens von Aristide Massaccesi. Die Doku Inferno Rosso – Joe D’Amato on the Road of Ecxess ist jedenfalls ein höchst unterhaltsames Zeitdokument.
Mit etlichen Archiv-Aufnahmen wird hier nochmal das ganze Panoptikum des italienischen Genre-Kinos abgefeiert. Ein nostalgischer und auch berührender Blick auf Künstler, denen oftmals das Budget, aber nie der Wille zur Schaffung von Meisterwerken gefehlt hat. Zu Wort kommen viele Wegbegleiter, wie Lamberto Bava und Michele Soavi, sowie der amerikanische Regie-Gore-Hound Eli Roth. Produziert hat den Dokumentarfilm Nicolas Winding Refn. Eine runde Sache, die Lust macht mal wieder in dieser Welt des Grinds einzutauchen!
Regie und Drehbuch: Manlio Gomarasca, Massimiliano Zanin, Darsteller: Aristide Massaccesi, Eli Roth, Michele Soavi, Ruggero Deodato, Filmlänge: 70 Minuten, gezeigt auf dem slash Filmfestival 2022