The Stolen
Titel und Poster von The Stolen suggerieren gezielt einen feministischen Revisionismus klassischer Western-Tropen, die Niall Johnson in die malerische Landschaft eines jung kolonialisierten Neuseelands versetzt. Doch die inkohärente Story des englischen Regisseurs und Co-Drehbuchautors ist das exakte Gegenteil. Die in drei mühsam verknüpfte Teile zerfallende Handlung bemüht den werbewirksamen Topos der starken Frau in einer Männerwelt ausschließlich, um weibliche Stärke rigoros zu dekonstruieren. Diese von rassistischen und klassistischen Klischees untermauerte Misogynie manifestiert sich bereits in der Unterteilung sämtlicher Protagonistinnen in Hure oder Hausfrau. Als Angehörige zweiter Kategorie ist „english rose“ Charlotte (Alice Eve) aberwitzig hilf- und ahnungslos in ihrer neuen Heimat.
Letzte erlebt die wohlhabende Farmerin nach dem Raubmord an ihrem Gatten (Lukas Hinch) und der Entführung ihres Babys von der rauen Seite. Statt Mut treibt Mutterinstinkt die stets adrett herausgeputzte Heldin in ein Goldgräberkaff, in das der abstruse Plot ihren Sproß verfrachtet. Vor allgegenwärtigen Gefahren schützen sie diverse Männer, die ihr und drei mitreisenden Sexarbeiterinnen Überleben beibringen; Frauen verdanken bekanntlich alles „unweibliche“ Können nur Männern.
Vor deren Zudringlichkeit bewahren die unbefleckte Charlotte die Sexarbeiterinnen, die Gewalt ja sowieso gewöhnt sind. Noch schäbiger als diese moralistische Bigotterie und der chauvinistische Grundtenor sind Szenenbild und Schauspiel der handwerklich und ideologisch gleichermaßen geringwertigen Produktion.
Regisseur: Niall Johnson, Drehbuch: Niall Johnson, Emily Corcoran, Darsteller: Alice Eve, Graham McTavish, Jack Davenport, Richard O’Brien, Cohen Holloway, Gillian MacGregor, Filmlänge: 97 Minuten, Kinostart: 10.03.2022