Schachnovelle (c) 2021 Studiocanal, Walker + Worm Film, Julia Terjung(6)

Schachnovelle

4
Drama

Von den vielfältigen Interpretationen Stefan Zweigs bedrückenden Spätwerks Schachnovelle wählt Philipp Stölzl eine frustrierend banale Auslegung als Grundlage seiner bühnenhaften Verfilmung. Die will lieber Nazi-Krimi sein als Seelendrama. Entsprechend rabiat inszeniert der deutsche Regisseur die subtile Vorlage. An der fasziniert ihn vorrangig der Schrecken faschistischer Folter, die zur Schachbesessenheit des traumatisierten Protagonisten Bartok (bemüht: Oliver Masucci) führt.

Die destruktiven Automatismen intellektuellen Eskapismus übergeht die physische Interaktion forcierende Handlung genauso wie die kritische Gegenüberstellung kollektiver Ignoranz und individuellen Traumas. Maßgebliche Romanfiguren werden gestrichen oder abseits gedrängt zugunsten neu erfundener Charaktere wie Bartoks Gattin (Birgit Minichmayr), die außer Sexszenen wenig beiträgt zum Plot.

 

Letzter deutet das Schachspiel – denkbar platt, aber Eldar Grigorians Drehbuch erklärt es dem Publikum gleich doppelt – als Duell zweier Willen: des Nazi-Handlangers Böhm (glatt: Albrecht Schuch) sowie des weltmännischen Wiener Notars, den Hotelisolationshaft zum Verrat auslandsdeponierter Mandantenvermögen bringen soll. Gegenwartsbezüge negiert das zwischen mehreren Zeit- und Realitätsebenen, üppiger Ausstattung und artifiziellem CGI schwankende Literaturstück geflissentlich und minimiert so mutwillig seine Relevanz.

Definierende Elemente wie bürgerlicher Elitarismus, Retraumatisierung und selbst die allegorische Konfrontation von verrohtem Opportunismus und labiler Prinzipientreue tilgt die unausgewogene Adaption. Die eigentliche Geschichte ist nurmehr Stichwortgeber eines handwerklich soliden Fernsehspiels, das eine faszinierende Partie zur Fingerübung degradiert.

Regie: Philipp Stölzl, Drehbuch: Eldar Grigorian, basierend auf dem Roman von Stefan Zweig, Darsteller: Oliver Masucci, Rolf Lassgård, Albrecht Schuch, Birgit Minichmayr, Samuel Finzi, Andreas Lust, Filmlänge: 112 Minuten, Kinostart: 24.09.2021

Schachnovelle




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