Super Pulp
Super Pulp lässt die große Ära der Pulp-Magazine wieder auferstehen. Das Super Pulp Magazin war einst eine Beilage im Heftl-Format beim Kleinverlag Evolver Books. Nachdem dieser 2017 seine Pforten schloss, machte sich Herausgeber, Lektor und Autor Robert Draxler aka r.evolver daran sein „geliebtes Stiefkind“ (Eigendefinition) zu retten – und ja, sogar noch größer zu machen. Seit 2020 reüssiert das Super Pulp Magazin nun als Imprint des deutschen Blitz-Verlags. Und hat es mit Ende des Jahres immerhin schon auf stattliche acht Paperbacks gebracht. Sogar der erste Super Pulp Roman Der Komplex erschien mit Band 7 der Reihe. Wir wollen jetzt einen genaueren Blick auf die ersten beiden Paperbacks der Reihe werfen. Jene vereinen ein Best-of aus der Heftl-Zeit von Super Pulp.
Unter dem ausgefeilten Lektorat von r.evolver erscheinen hier größere und kleine Schundgeschichten aus den Genres Krimi, Thriller, Horror und Science Fiction. Manche Stories erstrecken sich über zwei oder gar mehrerer Bände. Auch das ist sehr im Geiste großer Magazine der Pulp-Ära in den USA. Ein bisschen mehr Geschlossenheit hätte aber gerade dem ersten Band nicht geschadet. So hat man doch bei mancher Story das Gefühl, man sitzt einer Runde aus engen Freunden bei, die sich einen Insider-Joke nach dem anderen erzählen – und man selbst sitzt etwas außen vor. So startet der erste Band mit einem Auszug aus einem zweiten Teil einer Sci-Fi-Reihe um Cosmo Pollite von Andreas Winterer.
Auch eine Preview für ein Prequel um die sexy MI6-Agentin Kay Blanchard aus The Nazi Island Mystery, Pol Pot Polka und Surfin‘ Saigon ist mit dabei. Selbstverständlich und stilecht aus der Feder von r.evolver himself. Ist ja Chefsache! Die anderen Stories in Band 1 sind dann jedoch für sich stehende Geschichten. Etwa die nette Cyperpunk-Story Cooking Kangoo von John Aysa. Oder die Supervillain-Origin-Story Das Gigaman-Syndrom von Georg T. Basier. Den Höhepunkt bildet aber die Titelstory Suicide New von Helmuth Santler, bei der es um eine Reality-TV-Show geht, in der die Zuschauer abstimmen, ob Selbstmordkandidaten ihr Leben beenden sollen, oder nicht. Abgerundet wird Band 1 von einem Essay von Dr. Trash über – nun ja – Trash. Beziehungsweise eine Begriffsklärung, damit wir alle endlich mal wissen wovon wir reden.
Wesentlich geschlossener gibt sich der zweite Band der Reihe. Jede Story ist in diesem Band in sich geschlossen. Irene Salzmann präsentiert mit RGX-4 eine kleine Alien-Variante. Marc Gore liefert mit der Titel-Story Yellow Cab from Hell eine wohl nicht zufällig an den Splatter-Trash-Film I bought a Vampire Motorcycle erinnernde Geschichte ab. Sehr cool ist Charly Bloods Gangstergeschichte Sie lauern in den Schatten, die im letzten Drittel eine zwar bekannte, aber dennoch gelungene Wendung nimmt. Marcel Hill steuert die nette Splatter-Orgie This is Rock ‘n‘ Roll bei. Das schräge Lovecraft-Pastiche Fischfilet à la R’lyeh rundet den Band ab. Auch r.evolver selbst gibt sich natürlich wieder die Ehre. Diesmal gleich zweifach: Mit der Monstergeschichte Gogo-Cannibals (die er auch selbst verfilmt haben will – das muss ich sehen!) und einem kurzen, netten Essay über die Horrorcomics von EC aus den 1950er Jahren.
Man kann festhalten: Hier bekommt man eine bunte Tüte und es ist für jeden was dabei. Es ist sehr schön, dass so etwas wie das Super Pulp Magazin überhaupt noch Platz hat am heutigen Markt. Hier wird liebevoll gearbeitet, ausgewählt und rausgehaut. Manchmal kann es auch mal ein bisschen blöd werden, aber dann blättert man halt zur nächsten Story weiter. Es ist ein großer Verdienst von r.evolver, dass die Sache nicht zur plumpen, halbironischen Revuenummer verkommt. Hier wird halt noch Pulp zelebriert, der nicht chic ist, nicht Bobo, nicht unter dem Deckmantel der Ironie. Nein, das hier ist echte Pulp Fiction. Und das ist gut so.