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Wir gehören dem Land

Joe Sacco bedient mit der Kombination aus Graphic Novel und Journalismus ein gänzlich eigenes Genre. In Wir gehören dem Land berichtet er von seiner Reise in den hohen Norden Kanadas und seine Begegnung mit den indigenen Völkern.

Hoch im Norden Kanadas leben die Dene seit ewigen Zeiten im Mackenzie River Valley. Sie sind Teil des Landes, sie gehören dem Land, nicht umgekehrt. Durch den Abbau von Rohstoffen, christlichen Missionare, Schulen, Kapitalismus und dem Deckmantel des Fortschritts und Profits wird ihre Lebensweise bedroht und Stück für Stück zerstört. Heute ist das Volk zwischen den Fronten gefangen. Auf der einen Seite steht der wirtschaftliche Fortschritt, auf der anderen ihr Wunsch, zu ihrem traditionellen, naturverbundenen Leben zurückzukehren, ihre Kultur zu behalten. Joe Sacco besucht auf seiner Reise verschiedene Stämme der Dene und sieht die Auswirkungen, welche die Ausbeutung der Bodenschätze, aber auch ein despotisches Schulsystem, das den Eltern ihre Kinder raubt und den Kindern ihre Jugend, auf die indigene Bevölkerung haben. Aber er erlebt auch, welche Träume die Jugendlichen haben und wie manche Erwachsene den Kampf gegen Alkohol, Drogen und Missbrauch gewinnen.

 

Wir gehören dem Land ist erschütternd und ehrlich, tragisch und schrecklich, aber stellenweise auch voller Optimismus und Zuversicht und, wie nun mal die Menschheit auch so ist, voller Widersprüche. Joe Sacco berichtet in seiner neuesten journalistischen Graphic Novel vom verschwinden bzw. dem drohenden Aussterben einer indigenen Kultur und Bevölkerung, aber er zeichnet gleichzeitig auch ein Bild der Ausbeutung natürlicher Ressourcen und der Zerstörung der Umwelt, unter dem Schutz von Profit und Wirtschaftswachstum. Er widmet sich einem brisanten, hochaktuellen und stets präsentem Thema. Es gibt darauf keine simplen Antworten und um einfache Lösungen geht es der Graphic Novel auch nicht, sondern vielmehr um das Aufzeigen gegenwärtiger Missstände und Probleme, manche davon reichen bis weit in die Vergangenheit hinein und nahmen bereits vor langer Zeit ihren Ursprung.

Viele Stimmen kommen zu Wort und Sacco bemüht sich die Probleme der Dene in eine packende Form und so gut es geht auf den Punkt zu bringen. Es ist keine leicht verdauliche Kost, es erfordert Aufmerksamkeit und Konzentration, Wir gehören dem Land ist eine Graphic Novel, die man nicht schnell zwischendurch oder nebenbei liest, sondern eine, die den Leser fordert. Trotzdem ist Wir gehören dem Land durchwegs spannend und informativ und ein Leseerlebnis, auf das man sich unbedingt einlassen sollte. Joe Sacco ist hier eine wahrlich essenzielle journalistische Graphic Novel gelungen. Nicht entgehen lassen. Es lohnt sich.

Wir gehören dem Land von Joe Sacco, 256 Seiten, erschienen bei Edition Moderne.