Wie der Wind sich hebt
Hayao Miyazakis einziger Film, der auf wahren Begebenheiten beruht und dennoch die gewohnte Magie versprüht.
Jirō Horikoshi (Hideaki Anno) ist ein Junge vom Land der vom Fliegen träumt. Auf Grund seiner starken Kurzsichtigkeit muss er sich allerdings schon früh damit abfinden, dass er wohl nie selbst Pilot eines Flugzeugs sein wird. Sein Idol Giovanni Caproni (Nomura Mansai), ein italienischer Flugzeugbauer, ermutigt ihn allerdings seiner Leidenschaft auf anderem Wege nachzugehen. So kommt es, dass Jirō eine Ausbildung zum Ingenieur macht, um die Maschinen nach eigener Feder zu entwerfen. Der Tag seiner Ankunft in Tokio ist gleichzeitig jener, der die Stadt in Schutt und Asche legen sollte. Das Kantō-Erdbeben von 1923 führt den jungen Studenten allerdings auch mit Naoko Satomi (Miori Takimoto) zusammen, da er sie und seine Begleiterin in Sicherheit bringt. Danach verlieren sich Jirō und Naoko allerdings für mehrere Jahre aus den Augen. Der angehende Flugzeugbauer wird kurzerhand von der Firma Mitsubishi angeheuert, um für das Unternehmen Flugzeuge zu entwerfen. Komplikationen sowie das Schicksal von Naoko begleiten Jirō auf seinem Weg zum wohl berühmtesten Ingenieur der japanischen Geschichte.
Wie der Wind sich hebt ist vor allem ein geschichtliches Drama. Über die gesamte Laufzeit bekommt man durch kurze Interaktionen und Beobachtungen ein Gefühl dafür, wie sich Japan in den 20er und 30er Jahren angefühlt haben muss. Zum Beispiel wenn Jirō nach einem langen Arbeitstag auf nicht asphaltierten Straßen durch ein unerkennbares Tokio geht und dann sein Abendessen Kindern anbietet, die in heruntergekommenen Gewand auf ihre Eltern warten. Auch Miyazakis kritische Ansichten zu Japans Rolle im Zeiten Weltkrieg werden beleuchtet, jedoch schafft er es sie so zu verpacken, dass sie nicht forciert oder unpassend wirken.
Wie so oft gibt Studio Ghibli seinen Charakteren und der Handlung die nötige Zeit sich zu entfalten. Selten hat man so viel und im Detail über Flugzeugbau, -konstruktion und -design erfahren wie hier. Was sich jetzt möglicherweise als wenig unterhaltsam liest, ist sogar die meiste Zeit spannend in Szene gesetzt. Leider schafft es der Film im Finale nicht, einen markanten Punkt zu setzen und verläuft so wie die Geschehnisse davor, nur in einer Abfolge an Ereignissen.
Abgesehen davon, ist es befriedigend endlich einen romantischen, wenn auch tragischen Plot, von dem in dieser Thematik zurückhaltenden Studio, zu sehen. Wenn man zum Beispiel bei Der Mohnblumenberg durchgehend auf die Folter gespannt wird, kann man in sich in Wie der Wind sich hebt mit und für die Protagonisten freuen, wenn sie dann endlich zueinander finden. Noch mehr da die Handlung auf einem Mix der Lebensgeschichten der historischen Personen Jirō Horikoshis und Tatsuo Hori, Autor der namensgebenden Kurzgeschichte, basiert.
Hayao Miyazaki hat mit Porco Rosso eindrücklich bewiesen, dass er seine Leidenschaft für Luftfahrt in beeindruckender Weise inszenieren kann. Mit seinem bis dato letzten Film aus dem Jahr 2013, schafft er diese Begeisterung wieder auf die Zuschauer zu übertragen und brachte dadurch nicht nur einige von ihnen, sondern sogar sich selbst zum ersten Mal bei einem eigenen Film, zum Weinen.
Regie und Drehbuch: Hayao Miyazaki, basierend auf seinem Comic, Stimmen (Original): Hideaki Anno, Hidetoshi Nishijima, Miori Takimoto, Masahiko Nishimura, Mansai Nomura, Jun Kunimura, Filmlänge: 127 Minuten, DVD/Blu-Ray Release: 12.12.2014