Pom Poko (c) 1994, 2016 LEONINE, Universum ANIME(1)

Pom Poko

5
Fantasy

Ein bizarrer Kinderfilm, der wie so oft ein beliebtes Thema aus Studio Ghibli aufgreift – der Mensch im Konflikt mit der Natur.

In den 1960er Jahren wird in der Nähe von Tokio ein riesiges Bauprojekt, das den Namen New Tama trägt, in die Wege geleitet. Der umliegende Wald wird von Maderhunden bewohnt, die in Japan Tanuki genannt werden und äußerlich Waschbären ähneln. Die Tanuki sind ein gemütliches Volk und versuchen Konflikten aus dem Weg zu gehen. Die Bedrohung ihres Lebensraumes führt allerdings dazu, dass sie sich gegen die Menschen auflehnen müssen. Die Ältesten des Clans beschließen, die junge Generation in der alten Kunst der Formenwandlung zu unterrichten. Dabei können die Maderhunde sich in Gegenstände, Geister und sogar Menschen verwandeln. Mit den neu erlernten Fähigkeiten versuchen die Tanuki das Bauprojekt zu sabotieren und den Wald zu beschützen. Doch umso länger der Kampf dauert umso mehr verfallen die Tiere in Unmut. Manche sind gewillt den Konflikt friedlich zu beenden, doch andere fordern einen offenen Krieg mit den Menschen, auch wenn dies den Tod ihres Clans bedeuten würde.

Wem aufgefallen ist, dass bis jetzt kein einziger Protagonist namentlich genannt wurde, liegt das daran, dass Isao Takahatas dritter Film alles andere als Figurenorientiert ist. Zu Beginn wird die Geschichte beinahe ausschließlich von einer Stimme aus dem Off (Kokontei Shinchou) erzählt. Nach und nach werden zwar Charaktere wie der intelligente Shōkichi (Makoto Nonomura) und der aufbrausende Gonta (Shigeru Izumiya) eingeführt, jedoch bleibt die Gesamtheit aller Tanuki im Vordergrund, was das Werk manchmal wie eine Dokumentation und weniger wie einen Spielfilm wirken lässt.

 

Außerdem trifft Isao Takahta mit den Thematiken von Pom Poko nicht immer den richtigen Ton. Über die gesamten 119 Minuten bleibt die Stimmung des Films verspielt und locker. Auch wenn bei den Sabotageaktionen Menschen getötet werden, oder die Tanuki verzweifelt sind, dass ihr Zuhause zerstört wird. Das macht es für junge Zuseher leicht den Film zu genießen, lässt das erwachsene Publikum allerdings irritiert zurück.

Rein erzählerisch verläuft der Film aus dem Jahr 1994 ebenfalls holprig. Da man keinem Charakter folgen kann wird man von Erzählstrang zu Erzählstrang geworfen ohne dass man eine emotionale Verbindung zu den Figuren aufbaut. Der Schluss entlässt die Zuseher mit einem Happy End, das aufgrund des unglücklichen Ausgangs unpassend wirkt und keine Moral zu der Geschichte liefert.

Und natürlich muss man den Elefanten im Raum ansprechen: die Hoden. Wer sich daran stört, dass Disney seit jeher jegliches Zeigen von Geschlechtsmerkmalen vermeidet (sogar im hyper-realistischen Der König der Löwen aus dem Jahr 2019), wird in Pom Poko geradezu überschwemmt. Die japanische Mythologie beschreibt den Tanuki als Tier mit überdimensionalen Hoden und wird dadurch auch zum Thema des Films. Dies gipfelt in einer Endschlacht in denen die Maderhunde ihr Geschlechtsteil als Trampolin, Fallschirm und Waffe im Kampf gegen die Menschen verwenden. Kein Witz. Dieses bizarre Spiel wird allerdings so unverblümt dargestellt, dass Kinder dies nicht weiter hinterfragen, wie man aus Diskussionsforen, die sich mit der Problematik befassen, entnehmen kann.

Die genannte Szene stellt das Highlight dar und macht dadurch den gesamten Film umso sehenswerter. Ansonsten leidet Pom Poko unter mehreren Fehlern, zieht sich über weite Strecken und zählt zu den wenigen Studio Ghibli Produktionen, die man sich nur einmal ansehen muss.

Regie und Drehbuch: Isao Takahata, Stimmen (Original): Shinchô Kokontei, Makoto Nonomura, Yuriko Ishida, Norihei Miki, Nijiko Kiyokawa, Filmlänge: 119 Minuten, DVD/Blu-Ray Release: 19.02.2016




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