Trials of Mana
Das Action-RPG Secret of Mana genießt hierzulande Kultstatus, was es einerseits einer Reihe innovativer Features zu verdanken hat, andererseits aber vor allem dem aggressiven Marketing, das Nintendo im Jahr 1993 beim Release inszenierte.
Der Titel entstand am Zenit des Schaffens von Squaresoft in der 16-Bit-Era und so war es für Fans hierzulande schon immer fatal, dass das japanische Sequel Seiken Densetsu 3 keine Portierung für den Westen fand. Dass das Spiel sich dann trotzdem in der Secret of Mana-Collection im letzten Jahr fand, sollte dann eigentlich auch mehr sein als ein Fan zu erhoffen wagt, zumal die Seiken Densetsu-Remakes Adventures of Mana und Secret of Mana, mit denen SquareEnix die Reihe dieser Tage neu auflegt, qualitativ stark umstritten sind.
Es sei also verziehen, wenn man dem dritten Remake angesichts dieser billigen, kaum funktionierenden Neuauflagen im „Mobile Look“ nicht allzu viel Aufmerksamkeit geschenkt hat. Doch wer das nun erscheinende Remake von Seiken Densetsu 3, bei uns Trials of Mana getauft, aus diesen Gründen gar nicht beachtet hat, der sollte vielleicht einen Blick riskieren.
Trials of Mana ist ein Action-RPG, in dem der Spieler durch eine bunte, 16-Bit-inspirierte Welt stapft und sich mehr damit beschäftigt knuddelige Monster aufzumischen als dem dünnen roten Plot-Faden zu folgen. Das Besondere dabei ist, dass der Spieler aus der Gruppe von sechs Charakteren nur drei auswählen kann und der Spielverlauf dann dynamisch auf Basis dieser Wahl zusammengewürfelt wird. Unterschiedliche Antagonisten, unterschiedliche Reihenfolge, in der die Welt erkundet wird sowie gänzlich unterschiedliche Umgebungen sorgen für erstaunlich viel Abwechslung. Darüber hinaus gibt es ein Klassensystem, bei dem jeder Charakter in jede beliebige Richtung entwickelt werden kann, sodass man keine Wahl treffen kann, die einem den Spielfortschritt verdirbt. Man merkt, dass die Entwickler von Squaresoft in dieser Periode selbst simple kinderfreundliche Spiele wie diese mit dem nötigen Tiefgang auszustatten vermochten.
Wirklich sehenswert ist aber vor allem die Präsentation, die alles unternimmt, um den visuellen 16-Bit Charme in die heutige Welt zu retten. Die gesamte Spielwelt ist minutiös in die schicke 3D-Engine übertragen und schafft es auch noch, ohne irgendetwas wesentlich zu verändern, einen neuen Blickwinkel darüberzustülpen: Der Spieler kann nun nämlich frei herum hüpfen, inklusive neuer versteckter Goodies und einfacher Plattforming-Segmente.
Das Action-Gameplay ist ebenfalls aufgewertet, mit einem schnelleren System das stark an die Ys-Serie erinnert und dem Spieler erlaubt, blitzschnell Attacken auszuweichen oder Spezialattacken zusammenzuheften. Trials of Mana war nie darauf ausgelegt, eine wirklich harte Herausforderung zu sein und bietet auch beim höheren Schwierigkeitsmodus gerade mal eine moderate Herausforderung. Doch trotzdem gelingt es den Entwicklern gekonnt, das Gameplay unterhaltsam zu gestalten, sodass kein hirnloses Button-Geklopfe entsteht.
Zu guter Letzt haben die Entwickler noch ein Epilog-Kapitel beigefügt, in dem die gewählten Charaktere noch einmal einen runden Story-Abschluss finden und der Spieler neue Klassen freispielen kann, mit denen ein hartnäckiger Sonder-Dungeon bezwungen werden will. Der einzige Wermutstropfen ist, dass angesichts all der Neuerungen der einzigartige Multiplayer-Modus des Originals auf dem Schneidetisch liegen geblieben ist.
Abgesehen von diesem Makel handelt es sich bei Trials of Mana allerdings um eine der feinsten 16-Bit-Portierungen, die jemals ein Publisher zusammengestellt hat. Mit einem stimmigen Soundtrack, einem durchdachten RPG-System, einem verträumten visuellen Look und einem Wiederholung-Faktor, den man selbst heute selten so sieht, reiht sich der Mid-Tier-Release weit näher an Hochkaräter wie Dragon Quest XII und ist damit eine absolute Empfehlung.
Plattform: Switch (Version getestet), Spieler: 1, Altersfreigabe (PEGI): 12, Release: 24.04.2020, Link zur Homepage