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Little Women

9
Drama

Es gibt Filme, die berühren, die nachdenklich machen, die wärmen. Es gibt Filme, die laut sind, die lebendig sind, die wichtig sind. Es gibt Filme die grandios sind. Es gibt Filme wie Little Women.

Die junge, aufstrebende Schriftstellerin Jo March (Saoirse Ronan) beschreibt in ihrem Buch Little Women das Aufwachsen von vier Schwestern in der Zeit nach dem amerikanischen Bürgerkrieg. Sie reflektiert ihr Leben und erzählt die liebevolle Geschichte über die March-Schwestern, vier junge Frauen, jede von ihnen entschlossen das Leben nach ihren eigenen Vorstellungen zu gestalten. Das große Ziel von individuellem Glück stehts vor Augen.

 

Das Licht im Kinosaal geht aus, der Projektor beginnt Bilder auf die Leinwand zu zaubern und gleichzeitig beginnt die warme Umarmung von Little Women. Ein Film, der das Publikum in den gefühlvollen Arm einer Familie nimmt und für augenblickliche 135 Filmminuten nicht mehr loslässt. Die Regisseurin Greta Gerwig (Lady Bird, 2017) bringt mit ihrem aktuellsten Werk einen Film in die Kinos, der nicht nur cineastisch atemberaubend ist, sondern auch einen wichtigen gesellschafts-politischen Mehrwert mitbringt. Im Zentrum des Films steht unübersehbar eine starke Wertevermittlung, die in eine einfühlsame „Coming of Age“-Geschichte verpackt ist. Little Women bietet jedoch noch einiges mehr. Die emotionale Relevanz von Familie, die Individualität von Glück, Gleichberechtigung zwischen Männern und Frauen, sowie das Festhalten an Träumen sind weitere Kernthemen, die klug über den gesamten Film hinweg verteilt sind und schlussendlich im Gesamtwerk zueinanderfinden. Little Women ist ein Film, welcher reflektiert an diese Themen herantritt und sie natürlich mit der Geschichte und den unterschiedlichen Figuren verwebt, sodass ein harmonisches Zusammenspiel aller filmischen Elemente entsteht.

Dabei schafft es der Film nicht großartig mit der Moral-Keule schwingen zu müssen und versucht das Publikum nicht zu belehren. Little Women wird in wichtigen Szenen laut, um seine wichtige Aussagekraft zu erlangen, nur um in den restlichen Szenen leise und dezent zu sein. Aufdringlichkeit und Brechstange weichen einem wunderbar geschriebenen Drehbuch und immersiven Charakteren. Den vier Schwestern beim Aufwachsen zuzusehen wird nie monoton. Dafür sorgt die Narration, welche auf unterschiedlichen Zeitebenen stattfindet und immer hin und her springt. Dadurch entstehen viele inner-filmische Referenzen an bereits geschehene oder zukünftige Szenen. In Little Women gibt es ständig etwas zu entdecken. Dabei lässt der Film der Zuseherin, dem Zuseher, genügend Platz auf seiner Entdeckungsreise, ohne jede Handlung oder Szene erklären zu müssen. Die Regisseurin Greta Gerwig bietet Interpretationsspielraum auf unterschiedlichen Ebenen an. Jedoch gibt es bei der Kernaussage des Films keinen Spielraum, denn die Themen Gleichberechtigung und Feminismus sind die zentralen Argumente. Diese werden dem zusehenden Individuum nicht aufgedrückt oder vorgehalten, sondern viel mehr herangeführt und angeboten, was zum einzigen Kritikpunkt führt: Dem kritischen Sein des Films. Ja, Kritik ist und muss vorhanden sein, jedoch hätte Gerwig dies giftiger, stärker und vor allem kritischer betonen können. Feminismus ist vorhanden, aber zum teil zu versöhnend. Es fehlt Konsequenz und notwendige Härte in den wichtigen Szenen. Dies gerät durch die fantastische schauspielerische Leistung beinahe in den Hintergrund.

Saoirse Ronan, Florence Pugh, Emma Watson und Eliza Scanlen liefern ein gefühlvolles, nuanciertes Spiel ab, das seinesgleichen sucht. Zwischen den vier Schwester entsteht eine unglaubliche Dynamik, die den gesamten Film trägt. Ganz großes Schauspiel. Auch die Nebenfiguren von Laura Dern oder Meryl Streep sind interessant und unterhaltsam geschrieben und gespielt. Männer nehmen in Little Women die Position von Hindernissen und Krisen ein, werden jedoch nicht verurteilt oder als das Böse in maskuliner Form dargestellt. Alle Figuren sind facettenreich ausbalanciert und komplementieren die Geschichte. Eingefangen wird die Erzählung von ästhetisch anspruchsvollen Bildern, die jedoch nie in den Fokus geraten und Platz für die wichtigen Aspekte des Films lassen. Umrahmt wird das Ganze von einem passenden Score, der nur Szenenweise ausbricht und zu dramatisierend wird.

Little Women ist ein Film, der durch eine gefühlvolle Inszenierung, eindrucksvollen Charakteren und Darstellern, einer berührenden Geschichte und einer wichtigen sozial-politischen Aussage punktet. In aktuellen Zeiten wie diesen braucht es mehr Little Women und weniger Bad Boys. Little Women – kleine Frauen ganz groß!

Regie und Drehbuch: Greta Gerwig, basierend auf dem Roman von Louisa May Alcott, Darsteller: Saoirse Ronan, Florence Pugh, Emma Watson, Eliza Scanlen, Laura Dern, Timothée Chalamet, Bob Odenkirk, Meryl Streep, Filmlänge: 135 Minuten, Filmstart: 31.01.2020




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