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Under the Rose

Herzlich willkommen im neuen Jahr, liebe seltsame Filmgemeinde. Es geht auch 2020 heftig weiter mit Wonne aus der Tonne! Heute werfen wir einen Blick auf das wunderbare Filmland Spanien. Dort ist nämlich nicht nur Pedro Almodóvar zu Hause. Eine besondere Affinität haben die Spanier z.B. zum Psychothriller mit überraschender Wendung. Als solches lässt sich auch der kammerspielartige Under the Rose bezeichnen. Und darum geht’s:

Als die 10-jährige Sara eines Tages nicht nach Hause kommt, bricht die helle Panik bei der großbürgerlichen Familie Castro aus. Kurze Zeit später bekommen die Familienmitglieder einen Brief des Entführers. Jener bittet als Gast vorbei kommen zu dürfen um zu reden. Die Polizei darf nicht eingeschaltet werden. Wenn alle brav mitspielen, darf die kleine Sara unbeschadet wieder nach Hause kommen. So die Regeln des Mannes. Ohne wirklich zu wissen, worauf sie sich da einlassen, öffnet Familie Castro dem Gast die Türen. Eine schmerzhafte Nacht hebt an.

Under the Rose ist der Debütfilm des jungen spanischen Regisseurs Josué Ramos, der auch das Drehbuch schrieb. Der Film ist ein spannendes Psycho-Kammerspiel, dessen hervorragende schauspielerische Leistungen so manchen Drehbuch-Schnitzer aufwerten. Besonders Ramiro Blas als unheimlicher Gast, der in den Credits schlicht Hombre de negro (also Mann in Schwarz) genannt wird, spielt angsteinflößend gut. Doch auch Vater, Mutter und älterer Sohn der Familie Castro sind hervorragend besetzt und geben glaubwürdige Performances ab.

Regisseur Ramos gelingt es die Spannung von Anfang an konstant hochzuhalten. Ihm geht es hier um die (sinnbildliche) Zerlegung der Familie im gehobenen Mittelstand. In Spanien hat jene immer noch einen sehr hohen Stellenwert. Hier wird fleißig schmutzige Wäsche geputzt, während immer mehr dreckige Familiengeheimnisse ans Tageslicht kommen. Das ist zwar nicht immer alles bis ins Letzte Story-mäßig glaubwürdig, wird aber wie gesagt von der fähigen Cast gut abgefedert.

In manchen Kritiken wird der Film als gnadenlos brutal beschrieben. Das stimmt allerdings nur in der Wahl der Themen und des Psychoterrors. Denn immer wenn es um explizite Gewaltdarstellung geht, hält die Kamera nie drauf und überlässt einiges der Vorstellungskraft des Zusehers. Dem Regisseur geht es definitiv nicht um plakative Gewalt, sondern um sein Thema. Und das kann er, trotz kleiner Drehbuchschwächen, hervorragend umsetzen. Under the Rose ist zwar kein Partykracher, aber ein auf leisen Sohlen kommender Albtraum, der durchaus niveauvoll unterhält und den Puls konstant nach oben treibt.

In diesem Sinne: Immer zuerst die Spielregeln behirnen, bevor man sich ins Zeug legt. Seid nett zueinander und bleibt seltsam!

Under the Rose

OT: Bajo la Rosa, Spanien, 2017, Regie und Drehbuch: Josué Ramos, Mit: Ramiro Blas, Pedro Casablanc, Elisabet Gelabert, u.a.

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