Tone-Deaf
Regisseur und Autor Richard Bates, Jr. ist ein echtes /slash-Original. Alle seine Filme wurden in Österreich auf dem /slash Filmfestival uraufgeführt. Begonnen mit seinem fulminanten Debüt Excision, bis hin zu seinem neuen, bereits 4. Streich Tone-Deaf.
Und darum geht’s: Olive (Amanda Crew) hat sich eben von ihrem Freund getrennt und ihren Job verloren. Zeit also mal durch zu schnaufen. Kurzerhand mietet sie sich übers Wochenende in einem Landhaus ein. Der Vermieter Harvey (Robert Patrick) ist ein verschrobener älterer Herr, der kürzlich seine Frau verloren hat und dessen Sohn ihm erste Anzeichen für Demenz diagnostiziert. Der Mann hat genug vom Leben und beschließt in seiner letzten Lebensphase noch mal was Neues auszuprobieren – warum nicht mal ein paar Menschen umbringen? Also beginnt er eine Mordserie, die in der Tötung von Olive gipfeln soll, da sie „für alles steht“ was der gute Mann „verabscheut“.
Tone-Deaf ist ein schwarzhumoriger Thriller der ein grimmiges Sittenbild der heutigen USA nachzeichnet. Richard Bates, Jr. ist ein versierter Suspense-Regisseur geworden. Er hält die Spannung gut in der Hand und kann sie gekonnt anziehen. Am besten ist der Film jedoch immer dann, wenn er sein Narrativ verlässt und schräge Seitensprünge macht. Etwa zu Olives Hippiemutter Crystal (Kim Delaney), wir Olive bei einem Tinder-Date mit einem anderen Serienmörder begleiten, oder wir mit ihr auf einen LSD-Trip gehen dürfen. Das ist alles schön daneben und hier entpuppt sich Bates Jr. als Pedro Almodavor der heutigen US-Horrorregisseure.
Allerdings gibt es auch ein paar Schwächen. Etwa im Erzählrhythmus, oder wenn die 4. Wand durchbrochen wird und Robert Patrick das Publikum direkt anspricht. Die hier dargebotenen „Baby-Boomer vs. Millenials“-Monologe waren wohl satirisch gemeint, sind aber textlich leider ins Peinliche abgerutscht. Dieser Umstand wurde vor allem von der US-Fachpresse ordentlich durchgewatscht, was dem Film bisher eine eher bescheidene Rezeption verursacht hat. Kann man zwar verstehen, muss man aber auch nicht auf die Goldwaage legen. Denn die Schauspieler geben durch die Bank gute Performances ab. Und das Finale ist richtig gut gelungen. Hier liegen Schrecken und Lachen angenehm nahe beieinander. Alles in allem zwar wirklich nicht Richard Bates Jr. bester Film – hier sei nochmal auf seinen exzellenten Erstling Excision hingewiesen – aber definitiv einen Blick wert.
Regie und Drehbuch: Richard Bates Jr., Darsteller: Amanda Crew, Robert Patrick, Hayley Marie Norman, Johnny Pemberton, Nancy Linehan Charles, Filmlänge: 87 Minuten, gezeigt auf dem /slash Filmfestival 2019