Ghostbusters
Das Großartigste an Paul Feigs Reboot von Ivan Reitmans Popkultur-Klassiker Ghostbusters sind nicht die Gags, cleveren Anspielungen und die Chemie zwischen den Hauptdarstellerinnen, sondern dass die kleinen Hater-Jungs jetzt ganz tapfer sein müssen. Denn dieser Film ist toll.
Einige positive Rezensionen fügten ein „aber“ ein, wie als Rückversicherung gegen die Trolls, die nicht nur den Film, sondern sämtliche seiner Fürsprecher attackierten. Ghostbusters sei gelungen, aber er sei nicht perfekt. Das war auch Ghostbusters von 1984 nicht. Der Kultfilm wird nicht als hehre Filmkunst geliebt, sondern als eine Kindheitserinnerung mit einem tollen Titelsong. Ein entscheidender Anziehungspunkt waren die damals hervorragenden Effekte, doch Feig und Co-Drehbuchautorin Katie Dippold klatschen nicht einfach eine Ladung technischer Spielereien auf eine Alibi-Story. In seinen Erfolgskomödien Brautalarm, Taffe Mädels und Spy – Susan Cooper Undercover bewies er nachdrücklich sein Händchen für Schauspielerführung. Das Darstellerinnen-Quartett reißt von Kirsten Wiigs erster Szene als krampfhaft angepasste Akademikerin Erin Gilbert die Handlung an sich.
Die besten Szenen sind die mit den Vieren, die jede ihren spezifischen Comedy-Stil mitbringen, gemeinsam in Aktion. Melissa McCarthy ist die, gemessen an ihren typischen Filmfiguren, angenehm lebensnahe Abby Yates, Erins Jugendfreundin und Mitautorin eines paranormalen Sachbuchklassikers. Damit das belächelte Sujet ihr nicht die Karriere verbaut, sucht Erin ihre alte Verbündete auf. Die erforscht mit dem abgefahrenen Technikfreak Jillian Holtzmann (Kate McKinnon) unbeirrt geisterhafte Aktivitäten wie die im Prolog, die schließlich das Kernteam zusammenschweißt.
Leslie Jones Bahnangestellte Patty Tolan kommt erst etwas später hinzu, ähnlich wie im Original Winston Zeddemore (Ernie Hudson). Einige beklagten, dass Feig nur eine schwarze Hauptfigur habe, aber niemand beschwerte sich bei Ivan Reitman darüber, obwohl Jones wesentlich mehr Dialog und Handlungszeit hat als seinerzeit Hudson. Er hat wie seine Kollegen Dan Aykroyd, Bill Murray, Sigourney Weaver und Annie Potts einen Cameo. Diese witzigen Kurzauftritte unterstreichen nur, wer die vier Typen, die New York und die Freundin des Coolsten der Truppe retteten, heute wäre.
In den 80ern waren weiße Männer die einzigen Helden, die sich das Mainstreamkino vorstellen konnte und für die Ewiggestrigen wird das auch so bleiben. Aber die Mehrheit der Zuschauer tickt anders. Sie werden umso besser unterhalten, weil diverse Witze in weiser Voraussicht auf genau diesen verklemmten Chauvinismus abzielt. Der Part des unfähigen, aber gutaussehenden Sekretärs Kevin Beckman (Chris Hemsworth) führt wunderbar vor, wie weinerlich große Jungs werden, wenn das Sexy-und-hilflos-Stereotyp augenzwinkernd auf einen Mann angewendet wird. Die haben wohl keinen Humor und können kein Kompliment vertragen.
Immerhin darf sich sogar Kevin am Ende als Teammitglied fühlen. Wer sich dann immer noch der temporeichen Geisterbahnfahrt widersetzt, sollte abgehakt werden wie der Möchtegern-Weltvernichter Rowan (Neil Casey) von den Titelheldinnen: „Ich rieche verbranntes Fleisch und Selbstmitleid.“ Wenn es in dem abgedrehten Spaß eine Botschaft gibt, dann liegt sie ebenso in der Geschichte des Films selbst wie in dessen Plot: Underdogs können die Welt retten, Zusammenhalt macht stark, ignoriere die dummen Kommentare unter deinem Geistervideo und vergiss das IMDb-Rating.
Regie: Paul Feig, Drehbuch: Katie Dippold, Paul Feig, Darsteller: Kristen Wiig, Melissa McCarthy, Kate McKinnon, Leslie Jones, Ed Begley Jr., Charles Dance, Filmlänge: 116 Minuten, Kinostart: 05.08.2016, www.ghostbusters-film.de