Prince of Persia – Der Sand der Zeit
Obwohl Setting und Charaktere auf den ersten Blick eine Aladdin-Realverfilmung vermuten lassen, handelt es sich bei Prince of Persia: The Sands of Time um eine Videospieladaption. Die bislang 16-teilige Reihe wurde bereits 1989 von Jordan Mechner ins Leben gerufen, den Bekanntheitsgrad verdankt sie einerseits den zur damaligen Zeit außerordentlich guten Animationen der agilen Spielfigur und dem knackigen Schwierigkeitsgrad, andererseits auch dem innovativen und aufgrund dessen sehr erfolgreichen Reboot der Serie im Jahr 2003 (welcher die Vorlage des Films ist). Auch wenn beim Thema Videospielverfilmung schreckliche Visionen von letztklassigen Produktionen wie Super Mario Bros., Tomb Raider oder Street Fighter naheliegend sind, kann diesem Projekt zumindest im Vorfeld ein kleiner Bonus attestiert werden – aufgrund der überraschend gehaltvollen Story, die ein verblüffendes Ende vorweist.
Nachdem der Straßenjunge Dastan (William Foster) zufälligerweise vor den Augen des Perserkönigs Sharaman (Ronald Pickup) herausragenden Mut bewiesen hat, wird er prompt von diesem adoptiert und wie sein eigen Fleisch und Blut behandelt. Jahre später genießt der nun erwachsene Draufgänger (Jake Gyllenhaal) großes Ansehen und kann durch kämpferisches Geschick beeindrucken, welches er bei einem Angriff auf die heilige Stadt Alamut effektvoll unter Beweis stellt. Nach der Eroberung der Metropole wird der junge Prinz in ein Komplott verwickelt, das den Tod des amtierenden Königs nach sich zieht und Dastan als Mörder ausstellt. Die ebenso hübsche wie im Umgang schwierige Prinzessin der eroberten Stadt, Tamina (Gemma Arterton), schließt sich der halsbrecherischer Flucht des Prinzen vor seinen ehemaligen Verbündeten an – vorwiegend auch angesichts der Tatsache, dass er ein wertvolles Artefakt, einen magischen Dolch, mit sich trägt. Das Relikt befähigt den Träger nämlich dazu, die Zeit zurückzudrehen, weswegen eine wilde Hetzjagd sowohl um den Dolch als auch um das ungleiche Paar ausbricht.
Es ist schon sehr überraschend, dass gerade Produzent Jerry Bruckheimer, der sich mit Filmen wie Bad Boys, Top Gun und der Fluch der Karibik-Trilogie den Spitznamen „Mr. Blockbuster“ wahrlich verdient hat, sein neuestes Werk nicht der gängigen 3D-Behandlung unterzogen hat. So erscheint das Actionspektakel überraschend zurückhaltend und fast antiquiert, einzelne Sequenzen erinnern oftmals an die künstlichen, animatronischen Bauten der Disney-Vergnügungswelten, nicht zuletzt aufgrund der mit allerlei Kitsch angereicherten Sets und Statisten (Vom Kugelschreiber-Effekt des Dolches ganz zu schweigen). Neben dem merkwürdig anmutenden Production-, Set-, und Costume Design fällt auch die hektische Kameraführung von John Seale oft negativ auf, da in den rasant inszenierten Actionsequenzen der Bildausschnitt teilweise so nah am jeweiligen Schauspieler zentriert bleibt, das kaum etwas von der (womöglich) eindrucksvollen Choreographie zu sehen ist.
Regisseur Mike Newell, der seine Fähigkeiten bereits bei Werken wie Donnie Brasco oder Harry Potter und der Feuerkelch zur Schau stellen durfte, inszeniert das bemüht facettenreiche, jedoch merklich aufgeblähte und innovationsarme Drehbuch zumindest solide. Doch trotz dem kolportiertem Budget von 150 Millionen US-Dollar (Quelle: imdb.com) und einem ausreichend fantasievollem Setting wird kaum der Eindruck erweckt, dass es sich um einen potentiellen Sommerblockbuster der Marke Bruckheimer handeln soll. Mit computeranimierten Sandstürmen, mehr oder minder episch anmutenden Handlungsfetzen an hübschen Lokalitäten und dem obligatorisch sinnbetäubenden Ende wird offenbar versucht, den abenteuerlichen „Swashbuckler“-Abenteuern der Marke Errol Flynn ein zeitgemäßes Outfit zu verpassen bzw. einer erfolgreichen Franchise-Etablierung a la Fluch der Karibik nachzueifern (Fazit: gescheitert am Versuch).
Bei der Besetzung wurde nicht mit namhaften Stars gegeizt: Neben einem sichtlich durchtrainierten Jake Gyllenhaal darf vor allem das kaum wiedererkennbare Quantum of Solace-Bondgirl Gemma Arterton ihre Vorzüge zur Schau stellen, was die jugendliche und vermutlich überwiegend männliche Zielgruppe erfreuen dürfte. Die größtenteils britische Schauspielerriege (der Dialekt scheint offensichtlich für den amerikanischen Markt ausreichend fremd und exotisch zu sein) wird durch Schwergewichte wie Sir Ben Kingsley und Alfred Molina vervollständigt, wobei vor allem letztgenannter durch die bewusst comichaft-überzogenen, sehr humoristisch angelegte Rolle die dringend notwendige Auflockerung bietet. Kingsley beweist erneut, dass ihm anscheinend keine noch so eindimensionale Figur abzuschrecken vermag – nach schauspielerischen Untaten etwa bei Uwe Bolls Bloodrayne oder The Love Guru erscheint da ein stark geschminkter, hinterhältiger (Thron-)Erbschleicher als Quantensprung für den Oscar-Preisträger. Warum gerade ein bis zu diesem Zeitpunkt in dramaturgisch gehaltvolleren Rollen (Zodiac, Brokeback Mountain, Brothers) überzeugender Schauspieler wie Gyllenhaal für die eher plumpe Actionrolle eines Parcour-fanatischen, säbelrasselnden Prinzen ausgesucht wurde, kann wohl nur sein Agent nachvollziehen. Bissiger Sarkasmus, nennenswerte Konfliktsituationen und jeglicher emotionaler Tiefgang ist Drehbuch-bedingt nicht auffindbar.
Trotz der Tatsache, dass es sich bei Prince of Persia um eine Videospielverfilmung handelt, kann bemerkenswerterweise kein totaler Fehlschlag in Hinsicht auf die schauspielerische oder dramaturgische Komponente festgestellt werden. Eine filmische Offenbarung sollte man allerdings auch nicht erwarten: die aus dem Spiel übernommenen, interessante (!) Rahmenhandlung mit dem netten Twist am Ende wurde zweckmäßig mit eindimensionalen Charakteren, überraschend unspektakulären Actionsequenzen und vielen hübschen Studiolandschaften der Marke Walt-Disney-meets-orientalischen-Kitsch aufgeblasen. Erstmals scheint zudem auch ein Verzicht auf die gehypten 3D-Effekte (die zur Dekoration eines für den Mainstream glattgebügelten Popcorn-Vergnügens verwendet werden) eine Fehlentscheidung gewesen zu sein. Der wild umher turnende Jake Gyllenhaal in der Rolle des Prinzen setzt kaum Akzente abseits seines blauäugigen Dauer-Hundeblickes, lediglich Alfred Molina als zwielichtiger Straußenrennchef und die ansehnliche wie auch unterforderte Gemma Arterton hinterlassen bleibende Eindrücke. Freunde der Videospielvorlage und (etwas) seichter Disney-Abenteuerfilme aus Tausend und einer Nacht werden an der einen oder anderen Szene Gefallen finden, für einen Franchise-Start im Stile von Fluch der Karibik hat es inhaltlich bekanntlich allerdings nicht gereicht.
Regie: Mike Newell, Drehbuch: Boaz Yakin, Doug Miro, Carlo Bernard, Darsteller: Jake Gyllenhaal, Gemma Arterton, Ben Kingsley, Alfred Molina, DVD-Release: 30.09.2010