The Homesman
Der wilde Westen hat seinen Namen nicht umsonst bekommen. Nicht jeder ist für ein raues Leben geschaffen – hier und da muss auch manch ein Siedler wieder zurück gen Osten ziehen. The Homesman macht dies vor, wie selten ein Film des Genres.
Die Reise wird jedoch nicht freiwillig angetreten. Drei Frauen (Grace Gummer, Miranda Otto und Sonja Richter) wurden im Grenzland Nebraskas durch unterschiedlichste Unglücksfälle zufällig zur selben Zeit in den Wahnsinn und die Resignation getrieben und müssen nun nach Ioha in eine Kirche (unter anderem betrieben von Meryl Streep) gebracht werden, die sich um Fälle dieser Art kümmert. Mary Bee Cutty (Hilary Swank), eine ältere unverheiratete Frau lässt sich die schwere Aufgabe die drei Damen zu befördern aufbürden, ließt jedoch am Anfang ihrer Fahrt den Herumtreiber George Briggs (Tommy Lee Jones) auf, der sie dabei unterstützen soll. Sich um die in sich selbst versunkenen Ehefrauen zu kümmern während sie den Gefahren und Schwierigkeiten des ungastlichen Landes trotzen, stellt sich wie erwartet als denkbar schwierig heraus.
Es handelt sich hierbei um die zweite Kinoproduktion (nach Three Burials – Die drei Begräbnisse des Melquiades Estrada) die Tommy Lee Jones als Regisseur angeht und sein vierter Ausflug in dieses Ressort insgesamt. Keiner seiner Produktionen kommt jedoch ohne ihn selbst als Hauptdarsteller aus und so ist es auch bei The Homesman.
Das kann man jedoch nicht gegen ihn verwenden – die Besetzung des Films ist seine große Stärke. Hilary Swank ist wunderbar als raubeinige und entschlossene Frau, die alleine ihren Weg gehen will, jedoch auch in einigen Szenen große Verletzlichkeit durchblicken lässt. Der Charakter wird so abgerundet und der Zuschauer beginnt zu verstehen, was es zu dieser Zeit und an diesem Ort wirklich bedeutete eine unverheiratete Frau weit über dem üblichen Heiratsalter zu sein. Tommy Lee Jones Darstellung des etwas zwielichtigen Vagabunden ist treffend, hat aber auch seine Momente in denen er sich entwickeln darf – das jedoch etwas abrupter als bei Hilary Swank. Der restliche Cast versprüht angefangen von der größten Nebenrolle bis hin zum letzten Statisten ebenso gut die verschwitzte und mit Staub bedeckte Atmosphäre der wilderen Gebiete Amerikas der Mitte des 19. Jahrhunderts.
Aber der Western nimmt sich ja nicht nur den harten Grenzbewohnern an, sondern auch denen die unter den Strapazen brechen, in diesem Fall den drei psychologisch entgleisten Frauen. Auch diese Rollen sind feinfühlig besetzt und banalisieren zum Glück nicht geistige Krankheit, sondern stellen sie glaubwürdig und differenziert dar. Wie weit man der Vorlage von Glendon Swarthout für den dramatischen Überbau danken kann, wird nur der Initiierte verraten können, jedoch schreitet die Handlung weitgehend sinnvoll und in steigender Intensität voran. Als eine Odyssee die ihre Charaktere auf die Probe stellt und sie zwingt sich anzupassen oder aufzugeben ist die Abfolge der Ereignisse jedoch weitgehend episodisch. Dies tut jedoch der Spannung keinen Abbruch, da der innere Weg der Filmhelden in den Vordergrund tritt.
Optisch setzt sich The Homesman vielleicht nicht extrem von seinen Genrekollegen ab, hält sich jedoch an den zu erwarteten Standard, mit durchkomponierten Totalen der abwechslungsreichen Landschaften Nebraskas und schnitttechnisch adäquat spannend inszenierten Schießereien und nachdenklicheren Szenen. Trotz Umkehr der Fahrtrichtung seiner Siedler erfindet Tommy Lee Jones das Rad wohl nicht neu, aber zwei Stunden der Reise zuzusehen bereut man als Kinobesucher definitiv nicht.
Regie: Tommy Lee Jones Drehbuch: Tommy Lee Jones, Kieran Fitzgerald, Wesley A. Oliver, Darsteller: Tommy Lee Jones, Hilary Swank, Grace Gummer, Miranda Otto, Sonja Richter, Meryl Streep, Filmlänge: 122 Minuten, Kinostart: 19.12.2014, www.homesman-derfilm.de