Maleficent-Die-dunkle-Fee-©2014-Walt-Disney(9)

Maleficent – Die dunkle Fee

6
Fantasy

Wenn du sie nicht besiegen kannst, verbünde dich mit ihnen. Diese Strategie verfolgen nicht nur die Disney Studios, die eine ihrer populärsten Schurkinnen in einem eigenen Feature vermarkten. Auch Special Effects Artist und Produktion-Designer Robert Stromberg kapituliert in seinem Regiedebüt vor dem tonangebenden Konservativismus der Vorlage und unterwandert damit seine unorthodoxe eigene Filmvision.

Darin wird die Titelfigur (Angelina Jolie) von ihrem zukünftigen Widersacher König Stefan (Sharlto Copley) des Glaubens an wahre Liebe und ihrer Flügel beraubt. Zurechtgestutzt von der unaufrichtigen Menschenwelt, schürt sie deren Feindschaft mit einem grausamen Fluch. Ihn kann nicht einmal Maleficent selbst aufheben – nicht auf ihrem bisherigen Weg. Naivität, Muttertugend und Reumütigkeit sind die letzten Attribute, die man der „Mistress of Evil“ gewünscht hätte. Aber das mehr drollige als düstere Kinomärchen toleriert, dass die optisch und psychologisch kantige Fee verniedlicht wird, um die 3D-Fantasyfabel mainstreamtauglicher zu machen.

Drehbuchautorin Linda Woolverton schuf zuletzt bereits für Tim Burtons Alice im Wunderland die moderne Version eines Charakters, der tatsächlich keiner Modernisierung bedurfte. Nicht Maleficent – Die dunkle Fee ist unzeitgemäß, sondern Disneys Zeichentrickklassiker von 1959. Sleeping Beauty illustriert mit zauberhaften Bildern und verstaubter Moral den Kampf von Christentum gegen Heidentum, Martialik gegen Natur, männliche besetzte Chevalerie gegen weibliche inszenierte Fantastik, Establishment gegen Outsider.

Vor allem stellt er einmal mehr das Ideal einer hilflosen, lieblichen Heldin gegenüber einer mächtigen, bizarren Schurkin. Eine mehrfach zur Besten der Bösen in Disneyland gekürte Lieblingsfigur, auch für Angelina Jolie: „Als kleines Mädchen liebte ich Maleficent. Ich hatte Angst vor ihr, verwehrte sie aber auch.“ Diese instinktive Sympathie vermittelt ihr zugleich sardonisches und mitfühlendes Porträt der einzigen Identifikationsfigur der Geschichte. Das war Maleficent bereits im Original, worin Prinzessin Aurora gerade 18 Minuten erschien.

Elle Fanning hat nicht viel mehr Screen Time und das zankende Feen-Trio (Imelda Staunton, Juno Temple und Lesley Manville) erntet bestenfalls verdienten Spott. Ohne die vorangehende Domestizierung Maleficents zur lieben Patenfee wäre undenkbar, was die gelungensten Szenen des Spin-Offs implizieren: dass mittelalterliche Naturdämonisierung in Unverständnis begründet ist, Prinzessinnen ohne Prinzen auskommen und wahre Liebe nicht ausschließlich zwischen Mann und Frau existiert.

Besonders letztes verursacht auf der Pressevorführung offenbar Irritationen beim Begleitpublikum, das wohl lieber einen konventionellen Kitsch-Kuss gesehen hätte als das untypische Happy End. Ein leicht bedrückendes Gefühl nach der Vorstellung ist so nicht allein im Film begründet. Dass Disney im Herzen konservativ ist, beunruhigt nicht sonderlich – dass die Zuschauer noch konservativer sind, schon.

Regie: Robert Stromberg, Drehbuch: Linda Woolverton, John Lee Hancock, Darsteller: Angelina Jolie, Elle Fanning, Sharlto Copley, Imelda Staunton, Juno Temple, Sam Riley, Filmlänge: 97 Minuten, Kinostart: 29.05.2014, www.disney.de/filme/maleficent




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