I Used to Be Darker
In seinem dritten Film I Used to Be Darker versucht Matt Porterfield behutsam das Gefühlsleben seiner vier ProtagonistInnen auszuloten und gibt dabei der (Live-)Musik zu viel Raum.
Porterfield verlegt nach seinen ersten beiden Filmen, Hamilton und Putty Hill (die viel mehr in einem working-class Umfeld angesiedelt waren), seinen dritten Spielfilm nun in ein anderes soziales Umfeld und zwar in eine gut situierte Kleinfamilie. Es geht um Trennungen, um das Verlassenwerden, aber auch um das Loslassen und das Aufbrechen in neue Lebensphasen.
Um diese Themen aus den unterschiedlichsten Blickwinkeln beleuchten zu können, wählt Porterfield vier Figuren, deren Geschichten miteinander verflochten sind. Da gibt es Kim (Kim Taylor) und Bill (Ned Oldham), ein nicht mehr ganz junges Musikerpaar, das in den letzten Tagen ihrer Trennung steckt. Das liebevoll eingerichtete Haus in Baltimore zeugt noch von einer gemeinsamen Geschichte, aber jetzt sieht man sie nur sprachlos nebeneinander sitzen. Die Kisten sind schon gepackt. Die erwachsene Tochter Abby (Hannah Gross) kommt von ihrem ersten Collegejahr zurück und hadert mit ihrer Position zwischen den elterlichen Fronten im Speziellen und dem Erwachsenwerden ganz allgemein. Die Lage entspannt sich nicht unbedingt durch das plötzliche Auftauchen einer unerwarteten Besucherin. Auf einmal steht Taryn (Deragh Campbell), die Nichte Kims, aus Nordirland vor der Haustür. Von Zuhause abgehauen (ihre Eltern denken sie befindet sich in Wales und nicht Tausende von Meilen über dem Atlantik) bringt sie ihren eigenen Rucksack an Problemen mit.
Die Stärke von Porterfields Film liegt in den kleinen Beobachtungen der zwischenmenschlichen Beziehungen der Figuren, denen Jeremy Saulniers Kamera bedächtig folgt. Die Figuren scheinen teilweise in abgekapselten Bezugssystemen zu agieren, die sie nicht durchbrechen können. Aber dann gibt es doch Momente, wo sie aufeinander treffen: die Kindheitsfreundinnen und Cousinen Abby und Taryn, die sich wieder annähern, aber auch distanzieren, da sie von ihren eigenen adoleszenten Problemen auf Trab gehalten werden. Kim und Bill, die in ihrem Trennungsschmerz trotzdem Zeit und Zuwendung finden, um Taryn herzlich aufzunehmen.
Als weiteren Handlungsträger hat sich Porterfield in I Used to Be Darker (der Titel verweist auf eine Zeile aus dem Song Jim Cain von Bill Callahan) auf die Musik verlassen. So sind Kim Taylor und Ned Oldham auch im wirklichen Leben MusikerInnen (Ned ist der Bruder des genialen Will Oldham) und ihre Songs – im Probekeller, auf kleinen Bühnen oder im Wintergarten vorgetragen – sollen die Trennungsgeschichte illustrieren. Kim spielt stoisch ihre melancholischen Folksongs und Bill entdeckt durch die Trennung die Musik wieder, nicht ohne den obligatorischen Wutanfall, in dem er die Gitarre zerschmettert. Eine Szene, die zu klischeehaft ist und die man Oldham auch nicht wirklich abnimmt.
Generell ist die Musik leider auch das Problem dieses sehr ambitionierten und persönlichen Films. Sie kommt zu nichtssagend und klischeehaft daher, um das Gewicht der Trennung zu vermitteln und viel Zeit zu schauspielen, bleibt Tylor und Oldham nebst ihren Performances nicht.
Die jugendlichen Protagonistinnen Taryn und Abby sind gut gewählt und haben schon durch ihr gegensätzliches Auftreten eine interessante Dynamik – die eine blass, rothaarig und quirlig, die andere dunkelhaarig, ernster und schwermütig. Über sie würde man gerne mehr erfahren. Aber die Gefahr bei einem Fokus auf vier ProtagonistInnen ist vielleicht auch, dass keine der Figuren einem so wirklich nahe gehen kann.
Regie: Matt Porterfield, Drehbuch: Matt Porterfield, Amy Belk, DarstellerInnen: Kim Taylor, Ned Oldham, Hannah Gross, Deragh Campbell, Laufzeit: 90 Minuten, Kinostart: 10.01.2014, www.iusedtobedarkermovie.com, Filmpremiere & Unplugged Session mit Kim Taylor am 10.1. im Stadtkino Wien