The Walking Dead – Episode 1: A New Day
Zombies, Zombies und noch mehr Zombies – Nicht nur die Filmindustrie wird mit immer neuen Varianten der wandelnden Untoten überschwemmt, auch bzw. vor allem die Videospielbranche sieht regelmäßig neue Versionen einer drohenden Apokalypse. Seinen es nun Open-World-Versionen wie „Dead Island“ oder „Red Dead Redemption: Undead Nightmare“, Tower Defence-Variationen a la „Plants Vs. Zombies“ oder schlicht Multiplayer-Gemetzel der Marke „Left 4 Dead“ bzw. „Call of Duty: World at War: Zombies“ – Zombies lassen sich (zumindest momentan) kaum aus dem Videospiel-Sektor verdrängen, ein Sättigungseffekt ist noch nicht auszumachen. Dies lässt sich natürlich leicht erklären: Neben den prototypischen „Nazi“-Bösewichten, die als dankbares Kanonenfutter auf den Spieler losgelassen werden, sind Zombies an sich als dezent gesellschaftskritische sowie optisch interessantere Antipoden äußerst beliebt.
Seit 2003 existiert zudem eine überaus (und absolut zu Recht) erfolgreiche Graphic-Novel Serie von Autor Robert Kirkman unter dem Namen „The Walking Dead“, die der breiten Öffentlichkeit mit einer gleich betitelten US-TV-Serie vor knapp eineinhalb Jahren unter großem medialen Interesse präsentiert wurden. Nicht nur aufgrund der überaus positiven Aufnahme seitens des Fernsehpublikums konnte man sich auf eine Umsetzung in Videospielform vorbereiten, die nun recht schnell und fast ohne großen Trubel auf den Markt erschienen ist.
Überrascht darf der Spieler allerdings dennoch sein, denn einerseits wurde das Entwicklerstudio Telltale Games („Sam & Max“, „Jurassic Park“, „Back to the Future“) engagiert, die ihren Fokus auf moderne Point-and-Click-Adventures und populäre Franchises gelegt haben und andererseits, weil das „The Walking Dead“-Spiel sich an den Comics und nur teilweise an der TV-Serie orientiert. In momentan fünf geplanten, monatlich erscheinenden und in etwa zweistündigen Sitzungen absolvierten Episoden wird (unter Einbindung von Robert Kirkman) eine frische Story mit einem neuen Protagonisten präsentiert, der in der bedrohlichen Zombie-Apokalypse ums Überleben kämpfen.
In der ersten Episode „A New Day“ wird äußerst eindrucksvoll und ebenso überzeugend wie schon in den (schwarz-weißen) Graphic-Novels eine beklemmende Atmosphäre erzeugt, die im Zombie-„Genre“ bzw. deren Milieu seinesgleichen sucht. Während Rick Grimes zeitgleich noch im Koma liegt, befindet sich der neue Hauptcharakter Lee Everett als verurteilter Straftäter auf den Weg in ein Gefängnis außerhalb Atlantas, als plötzlich das Unheil (und ein spektakulärer Unfall) über ihn herein bricht. Verwirrt, verletzt sowie bald in Obsorge eines kleinen Mädchens namens Clementine beginnt eine außerordentliche und vor allem für den Spieler sehr persönliche Reise durch die Reste der menschlichen Zivilisation…
„Persönlich“ ist hier in zweifacher Weise zu verstehen, denn dank einer ausgeklügelten Spielmechanik übernimmt der Spieler nicht nur die Kontrolle über Protagonist Lee und dessen Handlungen, sondern ist überdies durch eine Vielzahl an Aktionen für den Verlauf der Story verantwortlich. Kausalität wird in dieser spielbaren Graphic-Novel großgeschrieben: Charaktere, mit denen interagiert wird, merken sich wichtige Eckpunkte von Unterhaltungen und reagieren in Folge unterschiedlich.
Ein Beispiel: Während Hersel (!) auf dessen Farm den verletzten Fuß von Lee verarztet, stellt er einige Fragen bezüglich der Flucht aus Atlanta. Reagiert der Spieler vorsichtig bzw. bedeckt und gibt nicht preis, das er sich in Polizeigewahrsam befand, so kann es passieren, das der aufmerksame Hersel durch Details innerhalb des Gesprächs die Unwahrheit aufdeckt, was in verändertes Verhalten gegenüber Lee mündet. Solche kleinen Nuancen heben natürlich den Wiederspielwert ebenso wie die Tatsache, das die Handlungen des Spielers den Verlauf der gesamten fünf Episoden beeinflussen.
Das Gameplay selbst überlässt dem Spieler in vielen Situationen einigen Freiraum, d.h. Lee kann tatsächlich frei bewegt und zu interessanten bzw. relevanten Hotspots geführt werden. Aktionen werden dann mittels eingeblendetem Steuerkreuz anvisiert und mit entsprechendem Knopfdruck ausgeführt – z.b. Objekt beobachten, bewegen oder auch mit einer Waffe zielen und den Abzug betätigen. Ein klassischer Zombie-Shooter stellt „The Walking Dead“ aber glücklicherweise nicht dar – der Aufbau von Atmosphäre und die Entwicklung der Charaktere steht im Vordergrund. Optisch wurde (zur Abwechslung mal) ein mit kräftigen Umrandungen ausgestatteter Cel-Shade-Look gewählt, der zwar nicht so bedrückend wirkt wie die Schwarz-Weiß-Tönen aus den Graphic Novels, aber dennoch Eindruck schinden kann.
Fans der Graphic Novel werden mit „The Walking Dead“ ebenso zufrieden sein wie all jene, die die TV-Serie mögen oder darauf warten, das diese in ihrer dritten Staffel endlich wieder besser wird. Die erste Episode der spielbaren Variante überzeugt mit tollen Charakteren, bedrohlicher Atmosphäre und vor allem mit einer fesselnden Story, die dicht in das Universum von Robert Kirkman verwoben wurde.
Plattform: PSN (Version getestet), XBLA, PC, Mac, Altersfreigabe (PEGI): 18, Spieler: 1, Erscheinungsdatum: 25.04.2012 (5 Episoden mit monatlicher Fortsetzung)