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Captain America: The First Avenger

5
Comic-Verfilmung

Was für den durchschnittlichen Mitteleuropäer wie eine Verwirklichung aller patriotischer Fehlgriffe erscheint, ist für den nordamerikanischen Comic-Fan eine schon geradezu mythisch gewordene Verkörperung des Nationalbewusstseins. In den Farbe und Formen der US-Flagge Stars and Stripes gehüllt, musste der bereits seit 1940 in Leben gerufene Captain America außerhalb der Vereinigten Staaten (anders als etwa der vergleichbare „Superman“) ein recht stilles Nischendasein führen – natürlich nur bis zum unweigerlichen Leinwanddebüt, welches nun genügend Publicity rund um den Helden schüren dürfte.

Anders als seine diversen Comic-Kumpane aus dem Hause Marvel profitiert „Cap“ allerdings von der Tatsache, dass die fiktive Figur während des zweiten Weltkrieges tatsächlich eine (bewusst politische) Agenda erfüllt, was sehr treffend auf der Titelseite der ersten Ausgabe der „Captain America Comics“ dargestellt wurde: Mit einem wuchtige Kinnhacken bearbeitet der rot-weiß-blaue Muskelprotz Adolf Hitler und quasi sinngemäß das ganze Nazi-kontrollierte Deutschland.

Jahrzehnte später versucht nun Regisseur Joe Johnston (Jumanji, The Rocketeer, The Wolfman) den verlorenen Glanz des einst so strahlenden Helden wieder aufzufrischen. Die zentrale Rolle des anfangs noch schmächtigen, aber vor Idealismus und Hartnäckigkeit nur so strotzenden Steve Rogers, der trotz mangelnder physischer Eignung immer wieder sein Glück bei Einberufungsstellen der US-Armee versucht, übernimmt der charismatische sowie talentierte Jungschauspieler Chris Evans, den Comic-Fans natürlich bereits seit seiner Verkörperung der „menschlichen Fackel“ (Human Torch) in beiden Fantastic Four-Teilen kennen. Als der unterdimensionierte Steve Rogers also bei einem erneuten Anlauf, in die Streitkräfte aufgenommen zu werden, zufällig vom Wissenschaftler Abraham Erskine (amüsierend: Stanley Tucci) auf Anhieb für ein geheimes Supersoldatenprojekt auserkoren wird, hat sich sein Traum erfüllt: Der Dienst für das Vaterland, mit allen erdenklichen Mitteln und zu jedem Preis, wird ihm nun ermöglicht.

Dank Superserum bis zum scheinbaren Platzen mit Muskel aufgepumpt sowie am Zenit des menschlichen Potentials in Sachen Kraft, Selbstheilung und Ausdauer angelangt, ist in Folge der „Captain America“ geboren. Doch anstatt Amerikas Feinde an der Front von Angesicht zu Angesicht zu bekämpfen, wird der vermeintliche Held – um den Canon der Comics zu folgen – in sein recht auffälliges Sternenbanner-Kostüm gesteckt und auf Propaganda-Reise zu den Truppen geschickt. Fortan nur noch zur Belustigung der Massen und der Lächerlichkeit gegenüber kriegsmüder Soldaten preisgegeben, schlägt Caps Stunde in dem Moment, als sein bester Freund Bucky nach einem Einsatz gegen den ehemaligen Gefolgsmann Hitlers, Johann Schmidt (aka Red Skull), vermisst wird…

Während andere Superheldenfilme schon von Beginn an entweder auf grimmige, düstere Visionen oder den-vermeintlichen-Alltag-widerspiegelnde Szenarios setzen, überrascht Captain America doch einigermaßen: In einem warmen, sepiagetönten Retrolook positioniert Regisseur Johnston gekonnt einen (verhältnismäßig) glaubwürdigen Charakter, der zur Abwechslung nicht erst seine Motivation und Überzeugung finden muss. In seinem mittels eindrucksvoller CGI-Technik herunter gerechneten Körper spielt Chris Evans den All-American-Guy mit Nachdruck, was auf Anhieb gefällt.

Bis zu den ersten Actionsequenzen könnte man beinahe vergessen, dass es sich tatsächlich um eine Comic-Verfilmung handelt – leider stellt sich nach eben jenen schnell die Hollywood-Blockbuster-Routine ein. Obwohl anständig inszeniert und gut ausgeführt, vermögen die recht spärlich eingesetzten, actionreichen Szenen nicht so recht zu überzeugen, denn dem Captain mangelt es an interessanten Nebencharakteren, Fähigkeiten und Gegenspielern. Außer dem sporadisch auftauchenden, natürlich multi-ethnisch besetzten und vor Klischees nur so strotzenden Team (inklusive Hayley „Love Interest“ Atwell als hübscher Vorgesetzen sowie Tommy Lee Jones als grimmiger General mit Herz) bietet der Hauptcharakter mit seinem unzerstörbaren Bumerang-Schild und feuerspuckender Harley Davidson kaum nennenswerte Eigenschaften – was in jeder Sequenz offensichtlich wird.

Als einigermaßen durchwachsen erweist sich auch das vielleicht wichtigste Element jedes Heldendramas: Zwar gut besetzt mit dem mehr als kompetenten Hugo Weaving (Agent Smith aus Matrix), vermag die Figur des Red Skull sowie dessen Nazi-esken, „Hydra“ benannten Handlangern kein großes Interesse bzw. keine immanente Bedrohung zu erwecken und verkommt so zum reinen Schauwert. Da kann dann auch das visuell und dramaturgisch unspektakuläre Finale der beiden Charaktere kaum noch überraschen. So kann Captain America: The First Avenger zwar in einigen Belangen seiner direkte Konkurrenz im Filmgenre gerade noch das Wasser reichen, allerdings ist der ambitionierte Versuch von Regisseur Johnston durchaus damit zu honorieren, das er eines der besseren Versatzstücke für das kommende Opus Magnum des Comic-Films, The Avengers, geliefert hat.

Regie: Joe Johnston, Drehbuch: Christopher Markus, Stephen McFeely, Joe Simon & Jack Kirby (Comic), Darsteller: Chris Evans, Hayley Atwell, Tommy Lee Jones, Sebastian Stan, Hugo Weaving, Stanley Tucci, Laufzeit: 124 Minuten, Filmstart: 19.08.2011




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