inFAMOUS 2
Never change a winning formular. Dies gilt natürlich auch für Videospiele, noch auffälliger wird die Gültigkeit jener Regel aber bei allem, was nur im entferntesten mit Superhelden zu tun hat.So nun auch bei der Fortsetzung des Überraschunghit von 2009, InFamous: Die Entwicklerschmiede Sucker Punch schickt erneut seinen mit im wahrsten Sinne des Wortes elektrisierenden Kräften ausgestatteten Protagonisten Cole McGrath los, um wahlweise Gutes oder Böses zu tun. Wie schon zuvor liegt der Schwerpunkt der Sandbox-Action verteilt auf der Erkundung der riesigen, in drei große Gebiete aufgeteilten Spielumgebung; einem Moralsystem, bei dem der Spieler die Wahl zwischen meist diametral entgegengesetzte Entscheidungen (Helfen oder Bestrafen) hat sowie natürlich dem nun vielseitigeren, umfangreicheren Nah- und Fernkampfrepertoire des Blitze verschießenden Superhelden.
Auf den ersten Blick hat sich einiges getan: Die Grafik wurde ordentlich aufgebohrt, Cole lässt sich vor allem in Kämpfen wesentlich eleganter steuern und auch Story-seitig kann InFamous 2 mit mehreren Handlungssträngen punkten. Kenner des Vorgängers dürften jene Merkmale gutieren, einzelne Schwächen wurden jedoch übersehen bzw. übernommen. So wirkt das Erklimmen von (Häuser-)Fassaden immer noch und vor allem im direkten Genre-Vergleich mit Klassenprimus Assassins Creed wenig elegant, die zu erkundende Stadt New Marais (New Orleans) bietet überraschend wenig bemerkenswerte Bezugspunkte, Coles Adjutant Zeke bleibt eine Schablone hinsichtlich seiner Charakterisierung und das Moralsystem ist – wie so oft – komplett undifferenziert, d.h. das niemals ein logischer Mittelweg zwischen komplexen Auswahlmöglichkeiten eingeschlagen werden kann.
Zumindest wird das letzte Manko von der Tatsache überdeckt, das Entscheidungen nun mit zwei weiblichen Nebencharakteren namens Kuo (Gut) und Nix (Böse) verbunden sind. Kleiner Tipp: der „böse“ Pfad ist in etwa gleich interessant wie Nix vielseitig dargestellt wird.
Recht merkwürdig scheint allerdings die Produktionsdauer von 2 Jahren zu sein, die Sucker Punch in das Spiel gesteckt hat: Animationsphasen, Superkräfte, Missionsdesign und einige Umgebungsdetails (Häuser, Wasserwege etc) wurden einfach vom Vorgänger übernommen bzw. etwas modifiziert weiterverwendet, was dann doch etwas stutzig macht. Wenn man schon ein recht interessantes Setting und neue Figuren integriert, eine klassische Comic-Handlung rund um eine vermeindlich unbesiegbare Bedrohung (recht einfallslos in jeder Hinsicht: „The Beast“) mit einem sakralen Gut-Böse-Schema und einem machthungrigen, populistischen Diktator kombiniert, dann könnte man vielleicht auch gleich dem zentralen Element – sprich dem Hauptcharakter – etwas mehr als einen anderen Synchronsprecher spendieren.
Mit soviel Charisma und interessanten Textpassagen erinnert Cole McGarth (auch optisch) stark an Schauspieler Sam „Blue Screen“ Worthington, nur noch eine Spur langweiliger. Sieht man darüber hinweg, kann InFamous 2 aber getrost als konsequente und vor allem kompetente Weiterentwicklung betrachtet werden, die viele vergnügliche Stunden Spielspaß bringt und durch den umfangreichen Community-Missionseditor zudem noch längerfristig Potential bietet.
Plattform: PS3 (Version getestet), Altersfreigabe (PEGI): 16+, Spieler: 1, Erscheinungsdatum: 10.06.2011