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100 DVDs in 100 Wochen: Leben!

Ein wirklich interessantes Stück über China und dessen politische, kulturelle und gesellschaftlichen Umbrüche ist die Nummer 75 im Feature 100 DVDs in 100 Wochen: Leben! von Zhang Yimou.

Ich muss ehrlich zugeben, ich hatte zwar in meinem Maturajahr „China“ in Geschichte als Themengebiet, aber erstens ist das schon einige Zeit her (ohne jetzt mein Alter verraten zu müssen) und zweitens reicht ein bisschen Themenschwerpunkt in der Schule nicht annähernd für ein Land um wirklich sämtliche Zusammenhänge zu verstehen. Somit ist Leben! durchaus eine kleine Herausforderung.

Worum geht es? Im Prinzip handelt der Film von einer chinesischen Familie, die wir über vier Jahrzehnte begleiten – von den 40ern bis in die Zeit nach der Kulturrevolution. Fugui (You Ge) und Jiazhen (Li Gong) steigen von reichen Landbesitzern zum einfachen Landvolk hinab. Fugui hat dabei eine nicht unerhebliche Rolle, denn er ist es, der ob seiner Spielsucht das gesamte Familienerbe verspielt und zunächst auch von seiner schwangeren Frau Jiazhen und der gemeinsamen Tochter Youqin (Deng Fei)  verlassen wird. Als er schließlich geläutert ist, beschließt Jiazhen zu ihm zurückzukehren, den gemeinsamen Sohn Chungshen (Tao Guo) im Gepäck. Fugui muss im Laufe der Jahre sowohl in der nationalen als auch in der kommunistischen Armee kämpfen – Jiazhen verdient sich in der Zwischenzeit den Lebensunterhalt mit der Aufbereitung von Trinkwasser. Neben den Geschehnissen am Schlachtfeld muss die kleine Familie noch einiges einstecken, denn beide Kinder werden schließlich Opfer der gesellschaftlichen Umbrüche – und das obwohl Jiazhen sich nichts anderes als ein ruhiges gemeinsames Leben wünscht.

Anke Sterneborg schreibt zu Leben! auf der Innenseite der DVD: „Den Aufgeregtheiten von Politik, Krieg und Revolution setzt Zhang Yimou den episch langen Atem des Erzählens entgegen, und die schier unmenschliche Duldsamkeit seiner Helden. So wie diese mussten sich auch die jungen chinesischen Filmregisseure immer wieder zwischen trickreichen Finten und wendiger Anpassung mit den wechselnden politischen Verhältnissen arrangieren. Vor allem das Schattenspiel, welches Fugui seinen Lebensunterhalt sichert, wird in dem Film zur Metapher – Fugui spielt damit zunächst in Bars, dann vor der Armee, bis es schließlich im Zuge der Kulturrevolution verbrannt wird. Es ist diese Schlichtheit der Bilder, welche Leben! zu einem eindrucksvollen Film machen, denn hier wird das Schicksal eines ganzen Landes anhand einer kleinen, einfachen Familie erzählt.

Meine Empfehlung: Auch wenn 132 Minuten zu investieren sind, so lohnt es sich doch Leben! anzusehen – auch oder gerade wenn man sich mit der chinesischen Geschichte nicht besonders umfangreich auskennt.

Das nächste Mal geht es weiter mit Michael Cimino’s Die durch die Hölle gehen.