Böse Wünsche (c) 2023 Erin A. Craig, Festa Verlag(1)

Böse Wünsche

Böse Wünsche ist ein Folk-Horrorroman von Erin A. Craig. Es ist der zweite Roman dieser Autorin, der in deutscher Übersetzung bei Festa erschienen ist.

Ellerie Downing lebt mit ihrer Familie in einer isolierten Siedlung namens Amity Falls. Ein paar Grundregeln sorgen dafür, dass der Frieden in der Gemeinde bewahrt wird. Eine dieser Grundregeln besagt, dass man nicht die umliegenden Wälder betreten soll, denn in ihnen hausen bösartige Kreaturen. Das innere Gefüge der Siedlung bricht auseinander, als Elleries Zwillingsbruder Samuel, heimlich mit ihrer Freundin Rebecca schläft und dabei schwängert. Als Rebecca Samuel heiraten möchte, lehnt dieser ab und erkennt das Kind nicht als seines an. Damit beschwört er den Unfrieden der Gemeinde herauf. Und auch die Monster in den Wäldern schlafen nicht.

Er war groß. Sehr groß. Selbst von der anderen Seite des Bachs erkannte ich, dass ich ihm kaum bis zur Schulter reichte.

Erin A. Craig schrieb bereits mit ihrem ersten Roman Haus aus Salz und Tränen einen märchenhaften Roman, dessen Handlung an Die zertanzten Schuhe der Gebrüder Grimm erinnerte. In Böse Wünsche wühlt sie noch tiefer in der Märchenkiste und würfelt allerlei Motive zusammen. Doch Erin A. Craig ist keine einfache Kopistin. Sie schreibt ihre Geschichte mit so viel Selbstbewusstsein und Verve, dass es eine Freude ist. Klar, hier und da tauchen ein paar Young-Adult-Klischees auf, und auch eine Wendung am Schluss kommt bei weitem nicht so überraschend wie es vielleicht geplant war. Doch Böse Wünsche besticht durch Craigs starke Erzählstimme und einer extragroßen Portion Atmosphäre.

Small Favors ist übrigens der Originaltitel. Nichts hätte gegen „Kleine Gefallen“ als deutschen Titel gesprochen, wäre sogar passender gewesen. Aber anscheinend wollte man bei Festa eben nochmal stark den Märchenaspekt der Geschichte zur Geltung bringen. Die Übersetzung von Patrick Baumann ist jedenfalls rundum gelungen. Und in den 630 Romanseiten kommt tatsächlich kein einziges Mal Langeweile auf. Im Gegenteil. Am Schluss wünscht man sich sogar, die Geschichte würde noch ein wenig weitergehen.

„Geh zurück, Ellerie. Geh zurück und verschwinde aus Amity Falls. Geh jetzt, bevor du es nicht mehr kannst.“
„Ich kann Samuel nicht zum Sterben zurücklassen.“
Er fletschte die Zähne, bevor er in der Umarmung des Waldes verschwand. „Er würde dich zurücklassen.“

Und das ist auch durchaus denkbar. Zwar funktioniert Böse Wünsche als abgeschlossene Geschichte, aber gleichzeitig bleibt genug Raum für eine Fortsetzung offen. Wenn ich tippen sollte, ich würde damit rechnen. Bis dahin darf man sich aber erstmal mit diesem Roman begnügen, der die perfekte Lektüre für die Winterzeit am Kamin sein dürfte.

Böse Wünsche von Erin A. Craig, 632 Seiten, erschienen im Festa Verlag.

Böse Wünsche